Von den ersten Quellen bis zur deutschen Besiedlung

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BERNHARDSTHAL und Umgebung

 

Friedel Stratjel, 1996

Inhalt

Aus vergangenen Zeiten

Urgeschichtsforschung in Bernhardsthal

Quellen

Literatur über Bernhardsthal

Vorgeschichte

Die Urgeschichte des Bernhardsthaler Raumes

Altsteinzeit - Paläolithikum: 1,000.000 - 5000 v.Chr.

Jungsteinzeit - Neolithikum (5000-2200 v.Chr.)

Frühe und Mittlere Bronzezeit: 2200-1200 v.Chr.

Späte Bronzezeit (Urnenfelderkultur): 1200-750 v.Chr.

Ältere Eisenzeit (Hallstattkultur): 750-400 v.Chr.

Jüngere Eisenzeit - La-Tène-Zeit (400 v.Chr. bis Christi Geburt)

Aus der Frühgeschichte

Germanenzeit - Römerzeit (Christi Geburt bis 375)

Die Zeit der Völkerwanderung (375 bis etwa 800)

Die Awaren und Slawen (568-791)

Die deutsche Besiedlung (9. - 11. Jh.)

Die Zeit des Großmährischen Reiches (791-907)

Pohansko - Heidenstatt

Die Magyarenzeit (906-991)

Die Zeit der ersten Babenberger

Karten

Ort Bernhardsthal mit Flurbezeichnungen

Fundstellenkarte Bernhardsthal

Fundorte der näheren Umgebung

Aus vergangenen Zeiten

Das Interesse an der näheren Heimatgeschichte wurde in Bernhardsthal durch Generationen gepflegt. Die Linie Bock - Hlawati - Berger ist eine Verantwortung, in der Erforschung und in der Pflege des Wissens um unsere Heimat nicht nachzulassen. Neben den drei Genannten gab und gibt es viele zu lobende Mitarbeiter, Zuträger und aufmerksame Laien, die unsere Kenntnisse um Bernhardsthal vermehrt haben.

Der, nach meinem Wissen erste Bernhardsthaler, der zur Heimatgeschichte publizierte, war Dr. Stephan Wick, ein Sohn des hiesigen Gemeindearztes Johann Wick. In den Blättern des Vereins für Landeskunde von Niederösterreich veröffentlichte er 1883 einen Beitrag zur Topographie abgekommener Orte besonders in unserer Gegend, in dem er auch über Ödenkirchen berichtete.

Der eigentliche Begründer der hiesigen Heimatforschung war der 1864 in Hoheneich bei Gmünd geborene Kanonikus Dechant Karl Bock. In seiner von 1907 - 1938 währenden Tätigkeit als Pfarrer von Bernhardsthal war er als Sammler, Fotograf und Publizist tätig. Seine für die Heimatgeschichte wichtigsten Veröffentlichungen erfolgten in den Anhängen zum Pfarrkalender bzw. Hauskalender Bernhardsthal 1912 - 1919.

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Ehrendomherr Dechant Karl Bock

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Prälat Dr.Franz Hlawati

Die Kenntnisse zur gesamten Ortsgeschichte sind, jeweils dem zeitlichen Stand entsprechend, bereits mehrmals umfassend aufgearbeitet worden:

erstmals durch Franz Hlawati, Beitrag zur Geschichte eines niederösterreichischen Grenzortes;
Wien 1938, 107 Seiten und Landkarte

und in dankenswert ausführlicher Weise durch den aus Herrnbaumgarten stammenden und in Hohenau als Volksschuldirektor und Leiter des Heimatmuseums wirkenden Robert Franz Zelesnik, Heimatbuch der Marktgemeinde Bernhardsthal;
Wien 1976, 544 Seiten und Bildanhang.

Der Führer durch das Heimatmuseum der Marktgemeinde Bernhardsthal von Otto Berger, Horst Adler und Johannes-Wolfgang Neugebauer ist besonders der Zeit bis zum Germanengehöft gewidmet;
Bernhardsthal 1977, 20 Seiten und Fundstellenkarte.

 

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Otto Berger in dem nach ihm benannten Heimatmuseum

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Dir. R. F. Zelesnik

Da die einzige Auflage des Heimatbuches vergriffen ist und ein Nachdruck ohne Berücksichtigung neuerer Daten und Erkenntnisse nicht zielführend erscheint, wird hiemit eine Neufassung, mit enger Anlehnung an Aufbau und Passagen des Heimatbuches, versucht.

Urgeschichtsforschung in Bernhardsthal

Der erste, der im Weinviertel und auch in Bernhardsthal schon zu Beginn des letzten Drittels des vorigen Jahrhunderts systematische Forschungen und größere Grabungen durchführte, war Dr. Matthäus Much, der völlig zu Recht als „der Vater der österreichischen Urgeschichtsforschung” bezeichnet wird. Es ist daher kein Zufall, dass er die großen hallstattzeitlichen Hügelgräber von Bernhardsthal („Drei Berge”) und Rabensburg (auf dem westlichsten Hügel steht eine Dreifaltigkeitskapelle mit der Inschrift: „Der Verehrung Gottes und dem Andenken der Vorzeit”) schon um 1875 entdeckt und wenig später (etwa 1878-beide Jahreszahlen werden auch unterschiedlich zitiert) ausgegraben hat. Obwohl diese „Durchwühlungen” keineswegs den modernen Anforderungen entsprachen, so sind sie doch als das Erwachen eines fachlichen Interesses an der Urzeit der Heimat zu werten. Die große Tradition der Bernhardsthaler Urgeschichtsforschung wurde in der Folge durch Univ.-Prof. Dr. H. Mitscha-Märheim und Univ.-Prof. Dr. R. Pittioni (Fund des Bernhardsthaler Bleikreuzes 1931) bis zu Dr. Horst Adler (1974-1980, Germanendorf) fortgesetzt.

Zur Ankurbelung und Ergänzung der „amtlichen” Forschung sind aber mit dem Ort verbundene neugierige „Laien” notwendig. Bernhardsthal hatte das Glück, solche Männer zu besitzen. Pfarrer Karl Bock, später Dechant und Kanonikus, konnte neben seinen Verdiensten als Seelsorger auch noch in Anspruch nehmen, sich nicht nur liebevoll aller Funde angenommen zu haben, die man ihm meldete oder brachte, sondern auch Fachleute aus Wien an die Fundstellen bzw. zur Untersuchung seiner Fundsammlung gerufen zu haben. In Kaufmann Otto Berger fand er einen Nachfolger, der es sich überdies zum Ziele setzte, Bernhardsthal ein Heimatmuseum zu geben, und weder Zeit noch Opfer gescheut hat, dieses Ziel auch zu verwirklichen.

Unsere Kenntnisse aus der älteren Geschichte stammen aus vielen Einzelfunden und aus mehreren Grabungskampagnen, die in sehr unterschiedlicher Qualität dokumentiert sind.

  • 1870 (1878?) Matthäus Much, Grabungen in den „drei Bergen”
  • 1920 - 1936 R. Pittioni, Lange Heidfleck=Kohlfahrt, Sandgrube östl.des Wasserwerks bis Stierwiese
  • 1952 - 1955 Berger-Tihelka, Unfrieden - Rettungsbergungen
  • 1954 Spitzer, Unfrieden - Gemeindeschottergrube
  • 1974-1980 H. Adler, Germanenhof und römisches Marschlager

Die Funde sind leider nur zu einem Teil in unserem Museum zu sehen. Ein Teil der Funde vor der Zeit des 2ten Weltkriegs ist vernichtet oder nicht auffindbar. Einzelne Teile sind im Naturhistorischen Museum, im Museum von Mistelbach sowie in Institutssammlungen. Der größte Teil mit den noch nicht völlig aufgearbeiteten Funden aus dem Germanendorf befindet sich in Außenstellen des NÖ-Landesmuseums.

Quellen

Literatur über Bernhardsthal

An Literatur zur Geschichte unseres Raumes sei ausschnittsweise angeführt:

 

  • Otto H. Urban, Wegweiser in die Urgeschichte Österreichs, 1989
  • Johannes-Wolfgang Neugebauer, Bronzezeit in Ostösterreich, 1994
  • Johannes-Wolfgang Neugebauer, Die Kelten im Osten Österreichs, 1992
  • Johannes-Wolfgang Neugebauer, Archäologie in NÖ - Poysdorf und das Weinviertel, 1995
  • Richard Pittioni, Vom Faustkeil zum Eisenschwert, 1964
  • Richard Pittioni, Die Sammlung Bock, Jahrbuch für Landeskunde von NÖ, 22/1929
  • Helga Kerchler, Die hallstattzeitlichen Grabhügel von Bernhardsthal, Rabensburg und Bullendorf... 1977
  • Franz J. Beranek, Wer war Gebolf ?, Jahrbuch für Landeskunde von NÖ, 34/1958-60
  • Germanen, Awaren, Slawen, Ausstellungskatalog 1977
  • Großmähren und die christl. Mission bei den Slawen, Ausstellungskatalog 1966
  • Horst Adler, Hrsg., Fundberichte aus Österreich 1974 - 1980,
  • Herwig Friesinger - Brigitte Vacha, Die vielen Väter Österreichs, 1987
  • Herwig Wolfram, Grenzen und Räume - Österreichische Geschichte 378 - 907, 1995
  • Komlosy-Buzek-Svatek, Hrsg., Kulturen an der Grenze (Kultury na hranici), Ausstellungskatalog 1995
  • Christine Antes, Der eiserne Vorhang und seine Bedeutung für die Bevölkerungs- und Wirtschaftsstruktur des nördlichen Weinviertels unter besonderer Berücksichtigung der beiden Untersuchungsgemeinden Bernhardsthal und Schrattenberg, Dissertation 1985
  • Monika Schlifelner, Flurnamen von Reintal, Bernhardsthal, Katzelsdorf, Rabensburg und Altlichtenwarth, Hausarbeit.

Vorgeschichte

Der erst kurzen Zeit der Menschheitsgeschichte ist die fast unvorstellbare Zeit der Erdgeschichte mit etwa
5 Mrd. Jahren überlagert. In langen Zeitabschnitten erfolgte durch Gebirgshebungen und Einbrüche, durch Erosion und Anschwemmung die Bildung der heutigen Erdoberfläche. Die Grundlagen der heutigen Oberflächengestalt der näheren Ortsumgebung wurden erst in erdgeschichtlich junger Zeit, im letzten Drittel des Tertiär, geschaffen.

 

Erdzeitaltertabelle der Erdneuzeit - Neozoikum

Zeitalter

System

Serie

wichtige Ereignisse

Erdneuzeit
66 Mio bis heute

Tertiär
66 Mio - 1,7 Mio

Paläozän
66 Mio - 55 Mio

Auffaltung der Alpen setzt ein, neue Säugetierformen (Huftiere, Primaten)
   

Eozän
55 Mio - 36 Mio

erste Meeressäuger und Rüsseltiere
   

Oligozän
36 Mio - 24 Mio

zunehmend kühler, Einengung des Urmittelmeeres „Tethys”
   

Miozän
24 Mio - 5 Mio
Untergliederung:
Eggenburg
Ottnang
Karpat
Baden
Sarmat
Pannon
Pont

Im Eggenburg Meeresverbindung über die Schweiz und das Rhonetal, Spätphase der Alpen- und Karpatenauffaltung, Absinken des Wiener Beckens, subtropisches Meer mit Korallenriffen, Urdonaubildung vor 12 Mio Jahren, Abschnürung vom Meer und Binnen-seebildung im Pannon, Austrocknung des Mittelmeers und dessen neuerliche Überflutung vor 6 Mio im Pont
   

Pliozän
5 Mio - 1,7 Mio

kühler - Biber-Kaltzeit, Auftreten von Säbelzahnkatzen und sehr großen Rüsseltieren; Donaudurchbruch beim Bisamberg vor 2,5 Mio Jahren
 

Quartär
1,7 Mio bis heute

Unteres Pleistozän
1,7 Mio - 0,72 Mio

mehrfache Eiszeiten, Kälteformen bei Tieren und Pflanzen
   

Oberes Pleistozän
720.000 - 10.000

Eiszeiten bedingen Artentod, zunehmende Kälteformen, Riesenwuchs bei Wirbeltieren, Neandertaler, Homo sapiens
   

Holozän
10.000 - heute

zunehmende Erwärmung, rapide Vermehrung des homo sapiens und Veränderung der Natur durch ihn

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Vor etwa 20 Millionen Jahren sanken Teile des alpin-karpatischen Gebirgsbogens allmählich ab, und über 10 Millionen Jahre wogte an der Stelle des heutigen Wiener Beckens das Meer. Erst als Folge dieser Absenkung bildeten sich im Pannon die modernen Flusssysteme, die Abflussrichtung drehte sich nach Osten. Die Urdonau mündete bei Mistelbach in das eine schmale Bucht des Pannonischen Sees bildende Wiener Becken und lagerte in ihrem Mündungsgebiet die Hollabrunner - Mistelbacher Schotterflur ab. Der nächste größere nördliche Nebenfluss, die Urthaya, bahnte sich über das heutige Pulkautal seinen Weg nach Osten. Ihre Schotterablagerungen bilden auch die Schotterfelder am Mühlberg.

Der östliche Teil des Wiener Beckens ist entlang einer riesigen Bruchlinie weiter abgesunken. Dieser so genannte „Steinbergbruch” führt etwa über Aderklaa, Bockfließ, Gaiselberg, Neusiedl und dem Mühlberg nach Lundenburg. Entlang dieser Bruchlinie konzentrieren sich die wichtigsten Erdölvorkommen Österreichs. Vorstellbar ist dieser Bruch als unterirdischer, nach Ost-Süd-Ost steil abfallender Beckenrand. Auch dieser tiefere Beckenteil wurde durch Abschwemmungen verfüllt. Westlich der Bruchlinie reichen die Schotter der älteren Verfüllungen bis an die Oberfläche und weisen dort eine Mächtigkeit von bis 20 m auf.

In den diese Schotterfelder nutzenden Sand- und Schottergruben am Mühlberg treten immer wieder interessante Funde tierischer Fossilien ihrer Entstehungszeit, der Jüngeren Erdgeschichte, zu Tage, von denen einige auch im Bernhardsthaler Heimatmuseum aufbewahrt werden.

Der größte in der Unger-Schottergrube (1983) freigelegte Mammutzahn war 3,6 m lang und hatte
20 cm Durchmesser, ist aber bei der Bergung zerfallen

 

In Bernhardsthal zu sehen: Sowohl aus der ehemaligen Schottergrube Unger, wie auch aus der an der Großen Thorstätte (Altlichtenwarth), gelang auch die Bergung bemerkenswerter Fossilreste. Herauszuheben sind der Unterkiefer eines Nashorns (dicerorhinus megarhinus), mehrere Zähne einer Mastodontenart (Mammut borsoni bzw. mastodon borsoni), Geweihreste eines Urhirschen (Cervus cf.perrieri) und Zahnlamellenfragmente eines Elephantiden (Mammuthus BURNETT). Breite Mahlzähne und ein Stoßzahnfragment des Anancus avernensis, eines Elephantiden mit bis über 3 m langen, leicht nach unten gebogenen Stoßzähnen und 3 m Schulterhöhe weisen auf die vorwiegend raugrasige Ernährung hin.

Stoßzahnfragment anancus avernensis, Mammutwirbel, Nashornunterkiefer und Zahnlamellenfragment

 

Mahlzahn und Zahnfragmente

Die Urgeschichte des Bernhardsthaler Raumes

Die Urgeschichte umfasst den Zeitraum vom ersten Nachweis des Menschen - früher nahm man 600.000 v. Chr. als Richtwert an, heute rechnet man mit 1,000.000-3,000.000 v. Chr. im afrikanisch-asiatischen Raum; bei uns etwa 700.000 v. Chr. - bis zum Beginn schriftlicher Nachrichten etwa zur Zeitenwende. Denn erst mit der Eroberung des Alpenraumes um 15 v. Chr. durch die Römer wird auch unsere Heimat in den Bereich der geschriebenen Geschichte einbezogen. Diesen letzten etwa 2000 Jahren, in denen Geschichte in unserem Raum zumindest teilweise durch Schrift überliefert ist, steht der ungeheure Zeitraum ohne Schrift, nämlich die Urgeschichte, gegenüber. Die Quellen der Urgeschichtsforschung sind daher nur dinglicher Art: Einerseits zufällig gemachten Funde, andrerseits müssen bei systematisch durchgeführten Ausgrabungen die erschlossenen Gegenstände (Siedlungs- oder Grabfunde), in einem Indizienverfahren helfen, die Ereignisgeschichte der Urzeit zu rekonstruieren. Aber auch später noch, etwa in der Römischen Kaiserzeit oder in der Frühgeschichte, bleibt die Spatenforschung eine notwendige Hilfswissenschaft.

Die Urgeschichte wird üblicherweise nach den Hauptwerkstoffen in drei Epochen gegliedert, in die Steinzeit, die Bronzezeit und die Eisenzeit. Das sind aber bloß ganz allgemeine Begriffe, ebenso wie Antike, Mittelalter und Neuzeit. Die Forschung hat sich demnach bemüht, weitere Unterteilungen zu treffen, und zwar in eine Alt- und Jungsteinzeit, in eine Frühe -, Mittlere - und Späte Bronzezeit und eine Ältere und Jüngere Eisenzeit. Innerhalb dieser Abschnitte können dann noch regionale Kulturen unterschieden werden, die zumeist nach einem wichtigen Fundort benannt werden (so etwa der Nordosten Niederösterreichs in der Älteren Eisenzeit nach Bernhardsthal). Die Zeitaltergrenzen sind je nach Autor leicht unterschiedlich - auch die Bezeichnungen der Zeitstufen sind leider, selbst im deutschsprachigen Raum, nicht einheitlich.

Neben der angeführten Zeitstufengliederung wird auch eine Kulturstufengliederung verwendet, für die Urgeschichte:

Lithikum

inklusive Mesolithikum

von griech. lithos = Stein, für Gegenstände des täglichen Bedarfs wird neben Naturmaterialien wie Knochen, Geweihstücken, Fellen usw. hauptsächlich Stein als Werkstoff verwendet
der Mensch lebt in nomadischen Horden als Jäger und Sammler

Keramikum

Früh- und Mittelneolithikum

seit der Jungsteinzeit
Ton wird als Werkstoff für Gefäße verwendet
der Mensch wird zum sesshaften Bauern mit Vorratswirtschaft

Metallikum

ab Kupferzeit

als neuer Werkstoff tritt Metall auf, ursprünglich nur für Schmuckgegenstände, später für Waffen und Artikel des täglichen Bedarfs
Es erfolgen gesellschaftliche Differenzierungen zwischen Kriegern, Händlern und Bauern

 

Zeitstufentafel für Nordostösterreich

Alter

Zeitstufen Kulturen in Österreich

2 000 000

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---------------------------------------

Altpaläolithikum nicht nachgewiesen

rund 400 000

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Mittelpaläolithikum Moustérien

um 40 000

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früh Aurignacien (um 30 000)
Jungpaläolithikum mittel Gravettien (um 25 000)
spät Magdalénien (um 15 000)

um 10 000

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Endpaläolithikum

um 8 000

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Mesolithikum Mikrolithikum

5500/5000

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Frühneolithikum Linearbandkeramik

um 4750

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Mittelneolithikum Bemaltkeramik - Lengyel

um 3900

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Spätneolithikum Kupferzeit

2300/2200

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Frühe Bronzezeit Hockergräber - Aunjetitz

1600/1500

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Mittlere Bronzezeit Hügelgräber - Veterov

1300/1200

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Späte Bronzezeit Urnenfelder

759/700

----------------------------------------------------------------------------------
Ältere Eisenzeit Hallstatt

500/400

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Jüngere Eisenzeit La-Tène

15 v.Chr.

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Römische Kaiserzeit

375

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Völkerwanderungszeit

568

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Mittelalter

1492

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Neuzeit

Altsteinzeit - Paläolithikum: 1,000.000 - 5000 v. Chr.

Die altsteinzeitlichen Anfänge der menschlichen Geschichte reichen weit in das Zeitalter der Eiszeit zurück. Kalt- und Warmphasen wechselten einander ab, wobei in den Kälteperioden das Jahresmittel um 3-8 Grad niedriger als heute war. In einer diesem Klima eigentümlichen Umwelt lebte der Mensch noch unstet als Jäger und Sammler (= aneignende Wirtschaftsform). Seine Werkzeuge und Waffen schlug er sich aus (Feuer-) Stein (Steinzeit) zu.

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Venus von Dolní Věstonice [Unter-Wisternitz]

Venus von Willendorf

 

Zwar fehlen aus Bernhardsthal selbst bislang noch altsteinzeitliche Nachweise, so gibt es aber im angrenzenden Mähren Funde aus allen Epochen der Altsteinzeit. Das älteste mögliche Artefakt, ein Polyeder aus Quarz, wurde am Roten Berg in Brünn gefunden, es soll älter als 700.000 Jahre sein. Einfache Abschläge von der Kalkklippe Stránska Skála und ein bearbeitetes Schwanzstück eines jungen Elephantiden belegen die Anwesenheit von Menschen (Alter über 600.000 Jahre). Ein kernförmig behauener Quarzkiesel gehört mit zu den ältesten Artefakten. Weitere altpaleolithische Stätten wurden nördlich des heutigen Pollauer Stausees in Přibice [Pribitz], Nová Ves [Mariahilf], Ivaň [Eibis], Mušov [Muschau], Pasohlávky [Weißstätten] und  Pouzdřany [Pausram] belegt, aber auch in Valtice [Feldsberg] (1991).

In der mittleren Altsteinzeit gibt es Funde auf den Thayaterrassen um Znojmo [Znaim] und in NÖ in den Flussgebieten von Krems, Kamp, Schmida und Pulkau.

Bis um 40.000 ist die Existenz von Neanderthalern im angrenzenden Mähren nachgewiesen. 1965 wurden in der Kulna-Höhle im mährischen Karst sowohl Knochenreste des Neanderthalers als auch des Homo sapiens sapiens ergraben.. Nach 40.000 dürfte der aus dem Osten kommende Homo sapiens sapiens den Neanderthaler abgelöst haben.

 

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Keramische Plastik aus der Mammutjägersiedlung in Dolní Věstonice [Unter-Wisternitz]
Kopf einer Löwin, Kopf einer jungen Löwin

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Pferdekopf und Bärenstatuette aus Unter Wisternitz

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Mammutfigürchen aus Pavlov [Pollau]

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Frauenkopf aus Mammutelfenbein und stilisierte Frauenstatuette

 

Funde um die Pollauer Berge weisen dessen frühe Anwesenheit in unserer Gegend nach. Nur 25 km nordwestlich von Bernhardsthal, befinden sich berühmte Fundstellen, wie Dolní Věstonice [Unter-Wisternitz], wo die Reste von 29 Individuen gefunden wurden, und Pavlov [Pollau]. Unter den zahlreichen Kunstgegenständen aus Mammutknochen, Elfenbein und gebranntem Ton sticht besonders die Venus von Unter-Wisternitz (Alter ungefähr 25.800 v. Chr.) mit überbreitem Becken hervor. Einen ähnlich einzigartigen Fund stellt die Venus von Willendorf aus der dortigen Gravettienstation dar. Auch in Stillfried wurde an mehreren Fundplätzen eine Besiedlung und auch ein Steinschlägeratelier des Gravettien nachgewiesen.

In Bernhardsthal zu sehen: Kopien der Funde von Unter-Wisternitz und Pollau. Im Original gibt es im Museum einige Feuersteingeräte von dem bekannten Siedlungsplatz Willendorf in der Wachau (Klingen, Kratzer, Stichel, Bohrer etc.). Aus einheimischen Sandgruben stammen dagegen Tierreste (z. B. ein Wirbel von einem Mammut). Das Mammut ist ein für die Kaltzeit typisches Tier, es ist im Museum in einer zeitgenössischen Wiedergabe (Ritzzeichnung aus einer französischen Höhle -15.000 v. Chr.) abgebildet.

Nach dem Ende der Würmeiszeit, um 10.000 v. Chr., kam es zu kräftigen Klimaschwankungen und schließlich zu etwa gegenwärtigen Verhältnissen, was eine völlige Veränderung in Flora und Fauna mit sich brachte. In dieser Zeit werden Kleinstgeräte aus Feuerstein (Mikrolithen) hergestellt. Die reichhaltigsten Funde dieser Epoche stammen vom Bisamberg.

 

Jungsteinzeit - Neolithikum (5000-2200 v. Chr.)

In einem Klimaoptimum folgt schon in der geologischen Gegenwart die Jungsteinzeit. Die Naturlandschaft wird nun kultiviert, der Mensch wird seßhaft und beginnt mit Viehzucht und Ackerbau - ab etwa 5000 wurde in Herrnbaumgarten primitiver Spelzweizen nachgewiesen. Der Mensch geht von der aneignenden zur produzierenden Wirtschaft über, vom bloßen Sammeln zum Anbau. Gefäße aus Ton werden erzeugt, und neben zugeschlagenen Feuersteingeräten gibt es fein geschliffene Werkzeuge aus weicheren Materialien.

In Bernhardsthal zu sehen: Aus der älteren Jungsteinzeit, der Zeit der sog. Linearkeramik, eine Kopie eines kompletten Bombengefäßes und das Photo einer Hausrekonstruktion im Museum für Urgeschichte in Asparn/Zaya.

 

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Beil aus Grünstein - Sammlung Bock - nicht mehr vorhanden

Aus der ausgehenden Mittleren- und der Jungsteinzeit stammen die ältesten Funde im Ortsgebiet. Ein Lochbeil aus Grünstein wurde im Jahre 1926 am Nordabhang der Anhöhe zwischen Jägerhausberg und Bahn gefunden. In der Schottergrube des Josef Fleckl in der Flur „Unfrieden” kam 1927 der Fuß eines so genannten Pilzgefäßes zutage. Von Wildmeister Karl Schwetz erhielt Pfarrer Bock eine aus weißem Feuerstein geschlagene Lanzenspitze, die man bei Arbeiten im Wald gefunden hatte; nähere Angaben fehlen. In der Flur „Kohlfahrt” fanden Otto Berger und Leopold Tihelka eine große Zahl Bruchstücke von Feuersteinklingen (Silices), die vermutlich in diese Zeit gehören.

 

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Gefäßbodenfragment, mit Steinchen gemagerter, hart gebrannter Ton, Bodendurchmesser: 9,0 cm
Museums Inv.Nr. 108

Die ersten nachgewiesenen „Siedlungstätigkeiten” im Ortsgebiet Bernhardsthals sind der ausgehenden Mittleren Jungsteinzeit, der Lengyelkultur (Lengyel = namensgebender Fundort in Ungarn), zuzuordnen. Etwas komplizierter: die Bemaltkeramische Kultur, auch Lengyel- oder Strelicer Kultur genannt, wird in der Mährisch-Ostösterreichischen Gruppe (MOG) meist in 4 Stufen gegliedert. Die folgend angeführten Funde stammen aus der letzten Phase, MOG IIb, der so genannten „unbemalten” Phase der Bemaltkeramischen Kultur. Leichter verständlich: aus der Zeit um 4000 v. Chr.

Beim Abdecken der späteren Gemeindesandgrube in den Unfrieden, heute Deponie, kamen Siedlungsreste und eine „Hundebestattung” zutage: Die ursprünglich als Goldschakal bestimmten Knochen lagen inmitten einer ovalen Steinsetzung aus sechs doppelfaustgroßen Steinen. Im Steinoval waren außerdem Keramikfragmente von zumindest 10 Gefäßen und weitere Tierknochen. Der Fund lässt sich als Opferfund, eventuell als Bauopfer, deuten und in die Zeit der späten Lengyelkultur einordnen. Die Funde lagen inmitten des frühbronzezeitlichen Hockergräberfeldes. Die aufgefundenen Knochen gehören zu drei Arten, es waren das Skelett eines kleinen „Torfhundes”, der Vorderlauf eines größeren Hundes, Teile vom Vorderlauf eines jungen Schweines und Beckenknochen einer Kuh.

Bei der Ergrabung eines germanischen Gehöfts in den Aulüssen - Feldl wurde 1977 die Körperbestattung eines Jugendlichen aus etwa der gleichen Periode, der ausgehenden mittleren Jungsteinzeit, mit 5 mitgegebenen Tongefäßen und 1979 auch eine dieser Epoche zuzurechnende kreisförmige Vorratsgrube entdeckt.

In Bernhardsthal zu sehen: Ein großes Vorratsgefäß mit Knubben und ein Fußgefäß. Von zahlreichen weiteren Fundstellen stammen Feuersteingeräte (Nuklei = Rohstücke; Messer, Sägen, Pfeilspitzen ... ), zugeschliffene Steinwerkzeuge (Loch- und Flachbeile, Hobel), Klopf- und Mahlsteine, Knochengeräte (Pfrieme, Ahlen, Spatel ... ), Webgewichte und Netzsenker. An das Ende der Jungsteinzeit ist das fragmentierte Großgefäß mit interessanter plastischer Zier zu stellen. Ein Modell einer Bohrmaschine für Lochbeile und eines Webstuhles runden das Bild vom Leben in der Jungsteinzeit ab.

Auch in den Fluren Loslingen, Hanfländer, Stierwiesen, Wehrweide und beim Johannes wurden Funde aus der Jungsteinzeit geborgen.

Das Weinviertel war in dieser Periode das Zentrum der Kreisgrabenanlagen, gewaltige Erdbauwerke mit wahrscheinlich kultischem Hintergrund. Sie weisen bei 45 - 170 m Durchmesser bis 3 Wälle, bis 7 m tiefe Gräben und Palisadenreihen auf. Die älteste Anlage liegt in Friebritz (10 km südöstlich von Laa) und wird in die erste Hälfte des 5.Jahrtausends v. Chr. datiert. Insgesamt sind bisher etwa dreißig solche Anlagen bekannt, die nächstgelegenen beiden in Wilhelmsdorf (Gem. Poysdorf , nördlich der Kirche Maria Bründl).

Etwas jünger wird die zweite Gruppe der Erdbauwerke, die der Wallburgen, eingeordnet. Am westlichsten Ende des Einzugsgebiets des Hamelbaches, über der Quelle des Gsolgrabens, am Schanzboden (Falkenstein), liegen die uns nächsten zwei, deren Erschließung nicht zuletzt auf eine Anregung von Robert Zelesnik erfolgte. Die zweite, kleinere, mit 120 mal 165 m messendem Ringwall, schneidet eine ältere Anlage mit rund 400 m Durchmesser (12 ha Innenfläche!). Die kleinere Wallburg wurde nur etwa 100 Jahre nach der älteren erbaut. Diese gewaltigen Bauwerke bedingten eine gewisse Bevölkerungsdichte für die Bereitstellung der Erbauer und deren Versorgung.

 

Frühe und Mittlere Bronzezeit: 2200-1200 v. Chr.

Die Bronzezeit wird nun in erster Linie durch die aus Metall gefertigten Waffen und Werkzeuge bestimmt. Zuerst sind sie nur aus reinem Kupfer, dann aus der noch härteren Bronze (9 Teile Kupfer, 1 Teil Zinn).

Mit der Erzgewinnung und -aufbereitung und der Metallverwertung ging eine Herausgliederung neuer Berufsgruppen Hand in Hand. Handwerk und Handel blühten auf, bedingten aber auch soziale Differenzierungen und die Bildung von neuen Machtgefügen. Neben dem Weiterbestehen rein bäuerlicher Siedlungen kommt es nun vermehrt an günstig gelegenen Punkten (auf Bergkuppen entlang alter Handelswege, z. B. Bernsteinstraße) zur Gründung von Handels- und Handwerkszentren, die auch künstlich befestigt sein können (Wälle und Gräben).

Die für die Frühe Bronzezeit charakteristische Bestattungsform ist das Hockergrab: Der Tote wird in Seitenlage angehockt (= Schlafstellung) bestattet. Im Museum befindet sich eine schematische Darstellung eines Hockergrabes Neben einigen einzelnen Hockergräbern besitzt Bernhardsthal auch den schon erwähnten größeren Friedhof. Dieser wurde in der ehemaligen Gemeindesandgrube in der Flur Unfrieden beim Abbau angeschnitten und leider teilweise zerstört. Dank der Aufmerksamkeit von Otto Berger konnten aber die Beigaben von fast 40 der ehemals wohl etwa 80 Gräber gerettet werden - 1954 führte Dr. Spitzer eine Rettungsgrabung der Gräber durch. Komplette Grabinventare (etwa von Grab 14, 21, 34 und 35) und auch typische Einzelobjekte ermöglichen die eindeutige Zuordnung des Friedhofes zur frühbronzezeitlichen Aunjetitzkultur, die in dieser Form in Mähren und in Nordniederösterreich weit verbreitet ist.

Aunjetitzkultur -Topf aus dem Grab 34, Höhe 13,1 cm, Museums Inv.Nr. 35

In Bernhardsthal zu sehen: Fast alle Funde vom Gräberfeld auf den Unfrieden. Erwähnenswert sind bei den Bronzen Schmuckstücke, wie Spiralröllchen, Noppen-, Locken-, Finger- und Ohrringe, und bei den Keramiken Tassen, Näpfe, Schalen, Schüsseln, Töpfe, Löffel etc..

Die dazugehörigen bronzezeitlichen Siedlungsstellen, so Umrisse einer Hütte und Reste eines Töpferofens, fand man im Tal, und zwar in der Gemeindelehmgrube am linken Bachufer (beim Johannes) und in der Nähe des Ziegelofens in den Tallüssen, also am rechten Bachufer.

Auch die Grabung im Feldl (Aulüssen) brachte ein Körpergrab aus der ausgehenden Frühbronzezeit zu Tage, das eine Schale und zwei Henkelgefäße enthielt.

Von zahlreichen Siedlungsstellen um Bernhardsthal (z. B. in der Flur Unfrieden oder Loslingen stammen Funde aus der sog. Veterovkultur (Wieterschauer-Kultur), einer Nachfolgeerscheinung der Aunjetitzkultur an der Wende von der Frühen zur Mittleren Bronzezeit.

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Oberhalb vom Johannes geborgenes Henkelgefäß der Veterov-Kultur. Museums Inv.Nr. 193

In Bernhardsthal zu sehen: Im Museum wird ein kleiner Einblick in den Formenreichtum dieser Zeit der „Hochkonjunktur” gegeben: fässchenförmige Tassen, Krüge, ein amphorenartiger Topf und ein großes Vorratsgefäß in bester Tonqualität sind zu nennen. Nicht vergessen werden dürfen auch Düsen, Perlen, Nachbildungen von Rädern aus Ton und eine krückenförmigen Knochennadel. Zwei Barrenringe aus Kupfer oder Bronze sind Reste eines größeren Fundes vom Theimwaldrand. Die Vergrößerung eines in der CSSR gefundenen verzierten Knochenringes soll an die bis Mykene (Griechenland) reichenden Kulturbeziehungen erinnern.

An weiteren Fundstellen der Bronzezeit werden noch das Gebiet des einstigen Oberen Teiches, die Fluren Kohlfahrt und Wehrweide und eine Stelle im Ortsgebiet genannt.

 

 

Späte Bronzezeit (Urnenfelderkultur): 1200-750 v. Chr.

In dieser Epoche wurden die Toten ausschließlich auf dem Scheiterhaufen verbrannt und danach in großen Urnenfriedhöfen zusammen mit den Beigaben bestattet (daher auch der Name Urnenfelderkultur). Große Befestigungen (z. B. Stillfried an der March) lassen auf unruhige Zeiten schließen. Die erste spärliche Verwendung von Eisen deutet den Übergang zur Eisenzeit an.

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Funde vom Grundstück Darmovzal, Museums Inv.Nr. 172-174

In Bernhardsthal zu sehen: Bei der Errichtung des Hauses Darmovzal im Ortsteil Ödenkirchen muss mindestens ein Urnengrab zerstört worden sein, wie einige im Museum ausgestellte Keramiken wahrscheinlich machen. Es sind dies eine Tasse, eine doppelhenkelige Schale, ein kleines Fußgefäß und ein Gefäßfragment. Die restlichen Exponate aus dieser Zeit (großes kugeliges Gefäß, Henkelschale, Bronzemesser, Bronzebecken-Nachbildung mit Henkeln mit kreuzförmigen Attaschen und gelochtes Geweihstück) stammen aus einer älteren Aufsammlung; ihre genaueren Fundorte sind leider nicht bekannt.

 

 

Ältere Eisenzeit (Hallstattkultur): 750-400 v.Chr.

Ab nun wird das Eisen als eine zusätzliche Werkstoffkomponente immer bedeutender. Ein wirklich fühlbarer Umschwung weg von der Bronze hin zum Eisen wird aber erst in der jüngeren Eisenzeit bemerkbar. Aber schon in der älteren Stufe, die nach dem berühmten oberösterreichischen Salzbergbauort mit zugehörigem Gräberfeld Hallstattkultur benannt wird, kommt es zu beträchtlichen Veränderungen auf wirtschaftlichem, wohl aber auch auf gesellschaftlichem und politischem Gebiet. In den Friedhöfen tauchen zudem langsam wieder Körperbestattungen auf (an der Marchlinie dauert dies allerdings sehr lange!).

Hügelgräber im Weinviertel

Eine besondere Stellung nehmen neben den einfachen Flachgräberfeldern (z. B. Hohenau mit 210 Gräbern) die Hügelgräber (-gruppen) ein. Mit den sog. „Drei Bergen” ist Bernhardsthal in der glücklichen Lage, drei dieser Fürstengräber in seinem Gemeindegebiet zu haben. Wie schon eingangs erwähnt, hat Dr. Much sowohl die Bernhardsthaler als auch die Rabensburger Hügel schon im vorigen Jahrhundert durchgraben. Fundbericht

Hier die beiden leider sehr kursorischen Berichte von M. Much:

„Bei der Durchgrabung des ersten der Bernhardsthaler Hügel, die eine durchschnittliche Höhe von 5 Metern und einen Umfang von circa 100 Schritten haben, stieß ich schon in 0,25 Meter Tiefe auf sechs Skelette menschlicher Leichen. Dieselben waren in hölzernen Särgen nebeneinander, mit dem Kopf im Westen, also der aufgehenden Sonne entgegenblickend, begraben worden. Ein Skelett und fünf Schädel sind vollständig erhalten. 2 Meter unter der Oberfläche gelangte ich auf eine aus Bohlen gezimmerte Holzkammer, von 2,10 Meter Länge und Breite und 0,40 Meter Höhe des inneren Raumes. Hier lag in der Mitte auf Stroh gebettet ein bis auf wenige Schädel-Reste gänzlich zerfallenes Skelett, zur Rechten ein Eisenschwert, und eine Urne neben dem Haupte, zur Linken ein eisernes Messer, Stahl und Feuerstein, zu den Füßen zwei eiserne Sporen, etwas links davon eine Urne und ein zierlicher, mit eisernen Reifen beschlagener Holzeimer. Der übrige Raum zur Rechten war mit kleinen Kohlenstückchen ausgefüllt.

Außerhalb der Kammer standen frei in der Erde sehr große Grafit-Urnen; unter der Kammer war nichts mehr erhalten. Der zweite (mittlere) Hügel zeigte schon äußerlich, dass er sich nicht mehr in ungestörter Ordnung befinde, was denn auch die Durchgrabung, welche auf Spuren früherer Durchwühlung führte, bestätigte. Die Untersuchung blieb ohne nennenswerten Erfolg. Der dritte Hügel dagegen lieferte wieder ein überraschendes Ergebnis; er war, ich möchte sagen, angefüllt mit den schönsten und mannigfaltigsten, aus freier Hand gemachten, allerdings durchaus zu Scherben zerdrückten Gefäßen.” (M. Much Neu aufgefundene prähistorische Bau-Denkmäler in Niederösterreich, MZK, N. F. IV, 1878, S. LXXIX)

„Manchen sind vielleicht die sechs Hügel bekannt, welche sich, je drei beisammen, zu beiden Seiten der Nordbahn an der Strecke zwischen Rabensburg und Bernhardsthal befinden; einer der näher an Rabensburg gelegenen Hügel trägt eine Capelle. Sie haben eine Höhe von 3-5 Meter und einen Umfang von 82-128 Schritten; an beiden Hügelgruppen führen uralte, vielleicht die ältesten Fahrwege der Gegend vorüber. Einer der Hügel von Bernhardsthal war leer, er zeigte die deutlichen Spatenhiebe einer früheren Durchgrabung, und ebenso blieb die Untersuchung des Hügels, auf dem die Capelle stand, erfolglos; dagegen lohnten die Ergebnisse aus den übrigen vier Hügeln Mühe und Fleiß in einem Maße, wie es dem Forscher nicht allzu häufig zu Teil wird.

Rot und schwarz bemaltes Gefäß,
Höhe 43 cm

Fund aus dem Hügel 3, dem südöstlichsten der „Drei Berge”

Ungefähr 200 Gefäße waren in denselben aufgestellt, von einer Schönheit und Mannigfaltigkeit, wie sie wohl kaum je auf so kleinem Raum beisammen waren. Sie standen in jedem der Hügel dicht zusammengedrängt, die großen in der Mitte, die kleineren im Umkreise herum; Schalen und Schüsseln aber waren zuweilen zwei oder drei übereinander auf die großen Urnen gestellt worden, in den letzteren lagen die kleinen Schöpfgefäße. Knochenreste von Leichenbrand waren in keiner der Urnen zu finden, also auch wohl nie darinnen, man müsste annehmen, dass sie völlig vergangen sind, was nicht wahrscheinlich ist, da Knochen von Thieren, welche zum Theile in den Gefäßen, zum Teile außer denselben lagen, sich erhalten haben. Dagegen zeigten sich in der zwischen und über den Gefäßen befindlichen Erde reichliche Kohlen, gebrannte Knochen und ein Stück eines gebrannten menschlichen Kiefers, und nebst geglühten Gefäßscherben geschmolzene Stücke von Bronze

An Hand der Funde lässt sich der Vorgang der Beerdigung mit ziemlicher Genauigkeit feststellen. Der Leichnam wurde mit all seinem Schmucke, der aus Bronze bestand, vielleicht auch mit seinen Waffen, auf den Scheiterhaufen gebracht, auf denselben wurden auch größere Gefäße gestellt und ganz kleine Schalen mit wohlriechendem Harz. Nachdem alles zu Asche gebrannt war, wurden die großen Urnen, selbstverständlich durchaus Prunkgefäße, welche Met oder Bier und ein Schöpfgefäß enthielten, in eine Gruppe zusammengestellt, andere Gefäße, welche Fleischspeisen samt den Knochen, noch andere, welche Hirse und Gerste enthielten, hinzugesetzt und die Schalen und Schüsseln darauf gestellt.

Hierauf wurde der Leichenbrand gesammelt, mit aller Asche des Toten, den wenigen Knochenresten, den Kohlen, den geschmolzenen Bronzeschmuckstücken und Glasperlen, den Scherben der im Leichenfeuer zersprungenen Gefäße, und über die ganze Gruppe der Gefäße gestreut, dazwischen die vom Opfermahle gebliebenen Knochen geworfen und endlich von allen Seiten die Erde herzu getragen und zu dem Hügel aufgeschüttet. Das geschah in den letzten Jahrhunderten vor Beginn unserer Zeitrechnung. - Einer der Hügel zeigt eine Abweichung von den übrigen. Nachdem Jahrhunderte seit seiner Errichtung vergangen waren, wurden in ihm nachträgliche Bestattungen vorgenommen.

Typus Bernhardsthal, vierspeichiges Radmuster, Höhe 54 cm

 

Ich stieß nämlich ganz zu oberst, etwa einen halben Meter tief, auf sechs Skelette, die in Särgen, mit den Füßen gegen Osten, nebeneinander lagen. Die Hände waren an den Seiten ausgestreckt, nur bei einem gekreuzt übereinander, keine Spur einer Beigabe, wenige kleine Scherben von gedrehten und ungedrehten Gefäßen. Zwei Meter tiefer stieß ich erst auf einzelne Balken, sodann auf ganze Lagen von Balken, die einer wohlgezimmerten und gefügten Grabkammer angehörten, welche mit Vorsicht geöffnet wurde. In der Mitte des etwa zwei Meter im Geviert und einen halben Meter in der Höhe messenden Raumes lag mit den Füßen gegen Osten das zu reinem weißen Mehl zerfallene Skelett, auf Stroh gebettet, nur ein Stück der Hirnschale war noch erhalten; zur Rechten ein langes, eisernes Schwert, zur Linken Messer, Stahl und Feuerstein, zu den Füßen zwei eiserne Sporen, rechts zu Häupten zwei Glasperlen und eine gedrehte Urne, links zu Füßen ebenfalls eine solche Urne und ein zierlicher hölzerner Eimer mit eisernen Reifen und Bügeln. Der übrige innere Raum enthielt zum Teile Sand und Kohle; außer der Grabkammer lagen die Scherben von den Urnen, welche der späteren Beisetzung den Platz räumen mussten. Diese dürfte der Zeit der Völkerwanderung angehören.

2 Gefäße etwa 24,5 cm hoch ,
mit Abrollung des Musters

In welcher Beziehung aber die zu oberst bestatteten sechs Leichen zu dem in der Grabkammer Beerdigten gestanden, ob es etwa Knechte waren, welche mit dem Herrn sterben mussten, ob sie später dort begraben wurden, lässt sich heute nicht mehr sagen.” (M. Much Niederösterreich in der Urgeschichte, Berichte und Mitteilungen des Alterthums-Vereines zu Wien, XIX, 1880, S. 128ff.)

Heute wird die Nachbestattung im Hügel 1, Bernhardsthal, als frühgeschichtlich-slawisch eingestuft. Alle Funde gelangten 1912 in die Studiensammlung des Institutes für Ur- und Frühgeschichte der Wiener Universität. Ihre Hauptform ist das große doppelkonische Gefäß, dem man, als Fortsetzung des am Ende der Bronzezeit - in der jüngeren Urnenfelderkultur - in Stillfried gefundenen Stillfrieder Gefäßtypus, die Bezeichnung Typus Bernhardsthal gegeben hat. Leider fiel ein beachtlicher Teil 1944/45 der Verbombung zum Opfer, in der Nacherfassung durch Helga Kerchler 1977 steht bei 30 der 59 hallstättischen Fundstücke aus den Bernhardsthaler Hügeln „nicht mehr vorhanden”.

In Bernhardsthal zu sehen: Anlässlich der Errichtung des Heimatmuseums überließ der damalige Vorstand des Institutes, Univ.-Prof. Dr. R. Pittioni, einige Gefäße leihweise der Bernhardsthaler Sammlung. Es sind dies zwei Kegelhalsgefäße, zwei Tassen, eine Schale und eine Situla (eimerförmiges Gefäß).

 

Zeichnung der Funde in den Tumuli von Bernhardsthal und Rabensburg - alte Darstellung von Hugo Charlemont von 1886. Besonders auffallend ist der große Topf, auf dessen Schulter zehn kleine Gefäße aufgesetzt sind.
Das Meisterwerk keramischer Gestaltung ist jedoch die Rinderurne aus den Hügeln von Rabensburg, bei der das
Gefäß in den Körper eines Rindes eingebaut ist - siehe Titelbild.

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Hügel I von Hügel II aus fotografiert

Die drei Bernhardsthaler Hügel sind durch Bearbeitung und Verwitterung heute wesentlich kleiner als vor hundert Jahren. Sie erstrecken sich in einem leicht nach Südwest gekrümmten Bogen über insgesamt 120 m von Nordwest nach Südost. Hügel 1auf Parz 2028, 2031: max. Durchmesser 20 m, Höhe, ausgehend vom tiefsten heutigen Randpunkt des Hügels, 3,75m; Hügel 2 auf Parz 2035/3 bis 2036/3: max. Durchmesser 35 m, Höhe 4,05 m; Hügel 3 auf Parz 2036/3, 2039: max. Durchmesser 24 m, Höhe 4,43 m. Auf dem Hügel 1 befindet sich die KT 70-26 mit H=173,98 m ü.d.A.

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Hügel 3 vom Hügel 2 aus fotografiert

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Die „Drei Berge” von NNO

In der Literatur wird die osthallstättische Kalenderberg-Kultur in unserer Gegend in zwei lokalen Gruppen, Statzendorf-Gemeinlebarn und Bernhardsthal unterschieden. Funde unserer Gruppe dehnen sich über Lundenburg aus.

 

Jüngere Eisenzeit - La-Tène-Zeit (400 v. Chr. bis Christi Geburt)

Die friedlichen Illyrer (Veneto-Illyrer) wurden von den aus dem Westen kommenden kriegerischen Kelten überschichtet. Nach dem berühmten Fundort in der Schweiz nennt man die Kultur der Kelten die La-Tène-Zeit. In der Flur „Kohlfahrt” bzw. „Stierwiesen” wurde bei den 1931 planmäßig durchgeführten Grabungen östlich der Sandgrube ein Körpergrab der mittleren La-Tène-Zeit geborgen. Das Nord-Süd orientierte Grab mit Sargspuren war etwa 150 cm eingetieft. Die hier bestattete Frau trug 2 Fußringe, auf ihrer Brust lagen 2 Fibeln und neben dem Kopf stand ein Gefäß. siehe

Die Funde befinden sich im NÖ-Landesmuseum.

 

1992 wurde eine Bronzemünze aus dem ursprünglich phokäischen Massilia, geprägt im späten 3. Jh. v. Chr., gefunden. Die Kopfseite der 14,8g schweren Münze zeigt einen Apollokopf mit Kranz im Haar. Es hieße aber die Aussagemöglichkeit eines seltenen Streufundes zu überfordern, wollte man datierende oder handelspolitische Fakten in diese massilische Bronze hineininterpretieren.

Aus der Frühgeschichte

Mit dem Erscheinen der Römer in der Donaugegend endet die urgeschichtliche Zeit. Wir treten in die Frühgeschichte ein, aus der uns bereits schriftliche Aufzeichnungen erhalten sind.

Germanenzeit - Römerzeit (Christi Geburt bis 375)

Während die Römer im Jahre 15 v. Chr. mit dem Königreich Norikum das südliche Niederösterreich ihrem Weltreich relativ friedlich eingliederten, wichen die im Maingebiet siedelnden Markomannen und Sueben nach einem Niederwerfungsversuch durch Drusus, einem der Stiefsöhne des Augustus, nach 9 v. Chr. nach Osten aus. Die Markomannen unter König Marbod ließen sich in dem von den keltischen Bojern geräumten Böhmen („Bojohaemum” = Bojerheim) nieder und rückten erst später in Niederösterreich bis zur Donau vor. Marbod, anfangs sicher ein Fürst von Roms Gnaden, wird in den mir vorliegenden deutschsprachigen Quellen einmal als langjähriger Söldner im röm.Heeresdienst, einmal als 16-jähriger Fürstensohn und anderwärts wieder als in Rom erzogene Geisel bezeichnet. Die Sueben unter ihrem König Tudrus zogen in das südliche Marcheinzugsgebiet und stießen an der Donau wieder auf die Römer, von denen sie erstmals als Quaden erwähnt werden.

Fast wäre dann auch unsere Gegend dem Römerreich einverleibt worden. Der beginnenden Konzentration germanischer Stämme unter Marbod wollte Augustus mit einer von 12 Legionen geführten Zangenoperation von Rhein und Donau aus zuvorkommen. Die Reichsgrenze sollte an March und Elbe vorgeschoben werden. 6 n. Chr. überschreitet Tiberius, der zweite Stiefsohn des Augustus, mit 60.000 Mann bei Carnuntum die Donau. Aufstände an seiner Ostflanke, in Pannonien und Dalmatien, zwingen ihn aber zur Umkehr. Die Bekämpfung bindet ihn bis 9 n. Chr., wo weitere Besetzungspläne des Gebiets nördlich der Donau mit dem Desaster im Teutoburger Wald für längere Zeit enden. Drei Legionen und ebensoviel Reitergeschwader sowie 6 Kohorten werden von germanischen „Partisanen” unter Arminius vernichtet. Letzterer versuchte nun seinerseits eine Germanenkonföderation und stieß mit Marbod zusammen, siegte, worauf 19 n. Chr. Marbod mit seiner Gefolgschaft in römische Schutzhaft floh (und 18 Jahre in Ravenna lebte). Sein Nachfolger Katwald teilte 2 Jahre später ein ähnliches Schicksal, er wurde vom hermundurischen König Vibilius vertrieben und zog nach Gallien in Schutzhaft.

Den Römern waren anscheinend die großen Gefolgschaften der Exilfürsten im Reichsgebiet nicht ganz geheuer. Sie siedelten diese zwischen March und Waag an und unterstellten sie dem Quadenkönig Vannius. In guter Tradition ereilte Vannius das gleiche Schicksal, 50 n. Chr. vertrieben ihn seine Neffen Sido und Wangio unter Mithilfe des Hermundurenkönigs Vibilius. Auf Geheiß des Kaisers Claudius setzte ihn die römische Donauflotte über die Donau und siedelte die Gefolgschaft zwischen Leithagebirge und Neusiedlersee an.

Einer der frühesten (1.Hälfte 1.Jh.) Germanennachweise unserer Gegend könnte eine in Rabensburg gefundene sog. Ancissafibel sein.

An der Wende zum zweiten Jahrhundert wandern aus Böhmen Markomannen ins östliche Wald- und westliche Weinviertel ein. Sie siedeln hauptsächlich an den größeren Flüssen aber auch an kleineren Gerinnen („Sumpfgermanen”). Der Geograph Claudius Ptolemäus (150 n. Chr.) berichtete, dass damals an der March große Ansiedlungen bestanden haben, von denen aus ein reger Tauschverkehr mit den Römern gepflegt wurde.

Die Aufklärung dieser Wanderbewegungen und Siedlungsentwicklungen ist nicht zuletzt der Ausgrabung an der Thaya zu verdanken. 1974 bis 1980 wurde vom Bundesdenkmalamt unter der Leitung von Horst Adler in der Flur Aulüssen - Feldl eine Notgrabung durchgeführt. Ziel war, zum ersten Mal in Österreich eine germanische Siedlung aus der Römischen Kaiserzeit zumindest zum Teil systematisch zu ergraben.

 

Grabung des Bundesdenkmalamtes 1974 - 1980
Archäologische Vermessung: Dr. H. Adler

römisches Marschlager 2.Hälfte 2.Jh.
germanischer Hochwasserdamm Ende 2.Jh.
spätmittelalterliche Flussmühle
Grabungsflächen

Die umfangreiche Grabung, insgesamt wurden 536 Quadranten zu je 3 X 3 m geöffnet, brachte neben einer Unmenge von Fundstücken wertvolle Erkenntnisse zur Siedlungsarchäologie. Nachweisbar ist eine zeitliche Dreiteilung des norddanubischen Niederösterreichs während der Römischen Kaiserzeit:

  • Während des 1. Jh. n. Chr. gibt es nur eine geringe germanische Besiedlungsdichte und das mehr oder weniger ungebrochene Weiterbestehen der Siedlungen der einheimischen kelto-illyrischen Bevölkerung.
  • Um 100 n. Chr. und während der folgenden Jahrzehnte strömen große germanische Kontingente, wahrscheinlich suebischer Markomannen aus Böhmen, ein. Diese Einwanderer siedelten fast ausnahmslos an Flüssen und Bächen, an Stellen, die bis vor kurzer Zeit. versumpft waren oder heute noch sind. Ein weiterer Beweis, dass die klimatischen Verhältnisse zur damaligen Zeit besser, zumindest trockener, waren.
  • Alle diese neu angelegten Siedlungen wurden jedoch um die Mitte des 3. Jh. auch wegen der zunehmenden Bedrohung durch Überschwemmungen aufgegeben. Während der zweiten Hälfte des 3. Jh. und im 4. Jh. lagen die germanischen Siedlungen nicht mehr in unmittelbarer Nähe von Gewässern, sondern an höheren Stellen. Während dieser Spätzeit war die Siedlungsdichte im norddanubischen Niederösterreich wesentlich geringer als vorher. Die Germanen waren durch den langen Krieg und die Entsendung von Hilfstruppen in zum Teil weit entfernte Gebiete des römischen Reichs stark dezimiert. Über 80 in Niederösterreich bekannt gewordenen Siedlungsplätzen des 2.Jhs. stehen nur 20 des 3.Jhs. gegenüber.

Rekonstruierte und später experimentell abgebrannte Sechspfostenhütte

Unsere Kelto-Illyrer-Germanensiedlung am Ufer der Thaya war ein größeres Gehöft. Es war während der älteren Phase, während der kelto-illyrischen (Spät La-Tène) Besiedlung unbefestigt. Gegen Ende des 2. Jh. n. Chr. wurde es aber von einem Wall umgeben, dem an keiner einzigen Stelle ein Graben vorgelagert war und der demnach als Hochwasser-Schutzdamm gedeutet werden muss. Aufgrund zahlreicher Detailbeobachtungen lässt sich sagen, dass im Laufe des 2. Jh. n. Chr. eine geringfügige Klimaverschlechterung und damit verbunden ein Anstieg des Grundwasserspiegels und erhöhte Hochwassergefahr einsetzten. Erste Gegenmaßnahme war der vorhin erwähnte Bau eines Schutzdammes. Um die Mitte des 3. Jh. dürfte dieser Schutz nicht mehr ausreichend gewesen sein, das Siedlungsgelände wurde von den Germanen endgültig aufgegeben.

Noch vor der Erbauung des Schutzdammes wurde südlich des Gehöfts ein römisches Marschlager errichtet. Es wurde möglicherweise im Jahre 172 angelegt und war nur kurz in Verwendung. Ergraben hievon wurde je 100 m eines Grabens und ein Eingang. Das Lager legt in einer Kette solcher Lager, die Lage von etwa 20 davon bis Mušov [Muschau] ist bekant, die nächsten in Poštorná [Unter-Themenau] und Valtice [Feldsberg].

Querschnitt des Spitzgrabens

 

 

Derartige Lager, manchmal nur wenige Tage verwendet, waren meist durch einen Graben und eine Aufschüttung oder Palisade geschützt. Größere röm. Funde sind bei einem kurzfristigen Militärlager nicht zu erwarten. Der V-förmige Spitzgraben wurde nach Abzug der Römer mit Siedlungsabfällen verfüllt. Als alle sichtbaren Spuren des Lagers verschwunden waren, dehnte sich das Gehöft auch über einen Teil des Lagers aus und bedeckte wahrscheinlich 2 ha.

 

Im Zuge der Ausgrabungsarbeiten konnten zahlreiche Bautypen des germanischen Gehöftes nachgewiesen werden: Wohnbauten, ein rechteckiger Speicherbau in Ständertechnik, kleine rechteckige Wirtschaftsgebäude (so genannte Sechspfostenhütten), von denen eines im Herbst 1976 an Ort und Stelle unter Verwendung des originalen Grabungsbefundes rekonstruiert und wieder aufgebaut wurde, seicht eingetiefte Arbeitsplätze, Speichergruben. Interessant ist, dass nicht das gesamte Gelände verbaut war, sondern bloß ein von NNO nach SSW streichender Rücken. Vor allem der NW-Bereich war bautenfrei; es ist nicht auszuschließen, dass gerade dieser der Tierhaltung im Freien diente.

 

Die gefundene Keramik zeigt die typischen handgeformten Gefäße, oft mit Fingernagelkerben, Knubben und Rillen versehen, weiters polierte schwarze Ware, mittels Rollrädchen fein verziert und auch römisches Tafelgeschirr, terra sigillata, und dessen einheimische Imitationen. Die meist recht eng gezahnten Kämme aus Knochenplatten weisen auf ihre Hauptverwendung als „Lausrechen” hin.

Die Töpfer unseres Gehöfts kannten die schnell rotierende Töpferscheibe nicht

Die nachgewiesenen Haustiere, Pferd, Rind, Schweine, Schafe, Ziegen, Hühner und Gänse waren meist kleiner als die heutigen Rassen, so hatten die Pferde etwa eine Widerristhöhe von 115 cm, die Körperhöhe der Rinder lag knapp über 1m und die Schweine erreichten ein Schlachtgewicht zwischen 30 und 60 kg. Die Feldfrüchte, Gerste, Roggen, Weizen und Hirse sowie Erbsen und Bohnen wurden in mit Lehm ausgekleideten Speichergruben eingelagert, deren Versiegelung nach oben den Sauerstoffzutritt und damit die frühzeitige Keimung des Saatguts behinderte. Das zum täglichen Gebrauch bestimmte Erntegut bewahrte man in so genannten gestelzten Speichern, kleine lehmverputzte Holzbauten, auf. Die Sense und die Handmühlenart, ein beweglicher Läufer auf einem Bodenstein, übernahmen die Germanen von den Kelten.

Die Funde vom Feldl befinden sich im Museum für Frühgeschichte in Traismauer, wo ihnen ein eigener Raum, der als Hauptstück eine Hüttenrekonstruktion zeigt, gewidmet ist.

1 und 2: Beinkämme, 3: Vogelgefäß aus Ton, 4: Bruchstück eines scheibengedrehten Gefäßes in La-Tènetradition.

Weitere Funde aus der Zeit der Germanen konnten an mehreren Örtlichkeiten des Gemeindegebietes geborgen werden. 1932 wurden beim Föhrenwald germanische Siedlungsfunde aus dem 2. Jh. n. Chr. sichergestellt. In der Flur Thallüssen wurden germanische Siedlungsfunde aus dem 3. bis 4. Jh. geborgen. Siedlungsfunde dieser Zeit, und zwar aus dem 2. Jh., befinden sich im Museum Mistelbach; sie stammen aus der Sandgrube (beim Johannes) an der Straße nach Reintal. Auch im Naturhistorischen Museum in Wien befindet sich in Bernhardsthal gefundene germanische Siedlungskeramik des 2. Jahrhunderts n. Chr.. 1969 wurden im Zuge von Straßenbauarbeiten südlich des Hamelbaches, etwa an der Abzweigung der neuen Ortseinfahrtsstraße von der Bundesstraße Nr. 49, besonders interessante Gefäßbruchstücke geborgen, die der Zeit vom Ende des 1. bis zur Wende vom 2. ins 3. Jh. angehören. 1969 wurden unweit jener Stelle im Föhrenwald, wo schon 1932 germanische Funde festgestellt worden waren, bei Erdarbeiten zur Vorbereitung einer Tiefbohrung germanische Siedlungsgruben zerstört; es konnten Gefäßbruchstücke aus der Zeit des 1. und 2. Jahrhunderts n. Chr. geborgen werden.

 

Die umfangreichen Funde verleiten dazu das (kriegs-)historische Umfeld, das zur Errichtung des Marschlagers führte, näher zu betrachten:

Die anscheinend friedlichen Zeiten zwischen dem Vorstoß des Tiberius und dem Beginn der Völkerwanderung wurden in den Jahren von 166 bis 180 n. Chr. durch den Markomannenkrieg unterbrochen. Markomannen, Sueben und Quaden in Gemeinschaft mit den iranischen Sarmaten und Jazygen und weiteren Stämmen überrannten zur Jahreswende 166/67 mit 6.000 Kriegern die befestigte Donaugrenze bei Brigetio (bei Komorn). Nur der sofortige Einsatz römischer Kavallerie unter einem schneidigen Kelten namens Macrinius Vindex konnte die Offensive vorerst abwehren. Elf Stämme unter dem Markomannenkönig Ballomar baten bei dem römischen Statthalter in Carnuntum, Iallius Bassus, um Frieden.

Ab 169 liefen die Vorbereitungen für eine römische Gegenoffensive, Marc Aurel bezieht sein Winterquartier in Sirmium (Sremska Mitrovica). Doch die Markomannen und Quaden kommen ihm zuvor. Sie überwinden im Frühjahr bei Carnuntum die Donaubefestigung, die Quellen berichten von 20.000 toten Römern, und dringen mit großer Wucht bis Aquilea und Verona vor. Nur unter Einsatz letzter Reserven - eine aus dem Osten eingeschleppte Pestepidemie hatte Truppen und Bevölkerung dezimiert - konnte Marc Aurel sie stoppen. Im Gegenschlag stand er im Herbst wieder an der Donau, die Quaden unter ihrem erst 12-jährigen Gesandtschaftsführer Battar schließen einen Sonderfrieden und lassen 13.000 Gefangene frei, den Markomannen droht eine Strafexpedition.

Zwei Szenen von der Markussäule

Mit der nun folgenden Überschreitung der Donau beginnt die Darstellung im Reliefband der Markussäule auf der Piazza Colonna in Rom. Schon das erste Bild zeigt wahrscheinlich die feindliche Residenz- und Festungsstadt nahe der Marchmündung. In 116 Einzelbildern zeigt die steinerne Kriegswochenschau bis in eine Höhe von 30 m die tragischen Ereignisse der auch heute noch üblichen brutalen Kriegsführung gegen die Zivilbevölkerung. Mord, Getümmel, zum Himmel schreiende Greise, brennende Hütten, eine junge Frau mit ihrem Kind an der Hand wird an den Haaren in Gefangenschaft geführt, dahinter der sich am Boden wälzende Vater.

Der Beginn ist 172 für die Römer nicht gerade erfolgreich. Mehrmals half bei Aktionen, die wahrscheinlich an der Thaya oder March stattfanden, nur göttliches Eingreifen, so zumindest nach der antiken Berichterstattung. Am Vormarsch wurde ein Marschlager der Römer unter Benutzung einer großen hölzernen Belagerungsmaschine angegriffen. Der Kaiser konnte aber durch ein Gebet einen die Maschine zerstörenden Blitz erreichen. Bei einer folgenden Schlacht im Weinviertel, am durch Funde am Pfaffenberg belegten Datum 11. Juni 172, waren die Legionäre in der sommerlichen Hitze vom Feind eingekreist und dem Zusammenbruch nahe. Ein plötzlicher Wolkenbruch mit Hagel und Blitz rettete die römische Armee vor dem Untergang. Dem für das „Regenwunder” zuständigen Wettergott dankte die Zwölfte Legion, wobei sie ihrem Spitznamen „Fulminata” („Blitzeschleuderer”) alle Ehre erwies, am Pfaffenberg bei Carnuntum durch die Errichtung von Denkmälern.

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Suebenkopf aus Muschau (Mušov)

 

 

Dennoch setzte sich die römische Heeresmacht durch. Im Zuge des Vormarsches entlang der March - Thaya könnte es zur Anlage des am Feldl ergrabenen Marschlagers gekommen sein.

In der Folge mussten sich die Germanen, zusätzlich zur Räumung eines Grenzstreifens von 5 römischen Meilen, auch damit abfinden, daß in ihrem Lande Zwingburgen mit römischer Besatzung errichtet wurden (Stillfried, Stupava [Stampfen] in der Slowakei, Oberleiser Berg, Mušov [Muschau] in Tschien, u. a.), von denen aus die Bewohner unter Druck gehalten wurden. Neuere Forschungsberichte deuten die oben genannten Fundstätten eher als Repräsentativanlagen germanischer Klientelfürsten, die von römischen Baumeistern als (militärische?) Entwicklungshilfe errichtet wurden, auch in Richtung der bestehenden Einverleibungabsicht als neue Provinz. Jedenfalls erhoben sich die Quaden und andere Germanen nach einem harten römischen Friedensdiktat im Jahre 177/178 noch einmal.

Marc Aurel schlug sie ein zweites Mal und ließ das Land mit insgesamt 20.000 Mann Legionären und fremden Hilfstruppen belegen. Der Tod Marc Aurels am 17.März 180 verhinderte seine weiter greifenden Pläne „Marcomannia” als neue Provinz dem Weltreich einzugliedern. Bis vor kurzem wurde Vindobona als Sterbeort Marc Aurels angenommen, einige Quellen weisen jetzt auf Bendobona bei Sirmium an der Save hin - Sein erst 19-jähriger, und, bescheiden gesagt, eher genußfreudiger Sohn Commodus, Gerüchten zufolge am Tod seines Vater nicht ganz unschuldig, beendete den Rachefeldzug der sogenannten „expeditio germanica secunda” und hiemit den für beide Seiten sehr verlustreichen 14-jährigen Markomannenkrieg.

Die nächsten 200 Jahre verliefen zumindest so friedlich, daß in den meisten Geschichtswerken darüber nichts zu finden ist. Wie schon für unser Germanengehöft festgestellt, mußten im dritten und vierten Jahrhundert die Siedlungen an den Flüssen und in den Niederungen im Zuge der Klimaverschlechterung aufgegeben werden. Die neuen Wohnstätten, deren Zahl sich auch dramatisch auf etwa ein Sechstel reduziert hatte, lagen nun auf Anhöhen, z.B. am Oberleiserberg. Größere Kämpfe zwischen den Donaugermanen und den Römern gab es in den Jahren 253, 282, 295 und 310.

Um 370 kam es wieder zu vermerkten Unruhen. Kaiser Valentinian I. ließ die militärischen Stützpunkte an der Donau neuerlich ausbauen bzw. wiederherstellen, wodurch anderseits die Quaden äußerst gereizt wurden. Als dann der Quadenkönig Gabin 374 in Carnuntum während Unterhandlungen über Anstiftung des Präfektensohns meuchlings ermordet wurde, unternahmen die Quaden zusammen mit ihren östlichen Nachbarn, den Sarmaten, einen Einfall über die Donaugrenze und verwüsteten Reichsgebiet. Nach einer 3-monatigen Aufrüstung in Carnuntum unternahmen die Römer einen Gegenstoß die March aufwärts ins Quadenland.

Darüber schrieb der Berichterstatter Ammianus Marcellus, der Carnuntum als „ödes Drecksnest” bezeichnete: „Erst schickte er (der Kaiser) den Merobaudus mit seiner Infanterie, zusammen mit Sebastian aus, um die Barbarendörfer zu verwüsten.... später aber ließ er eine feste Brücke schlagen und setzte an anderer Stelle ins Land der Quaden über...... Der Kaiser ging so schnell wie möglich gegen sie vor, ließ ohne Unterschied des Alters alles niedermachen, was er im freien Feld noch überraschen konnte, und die Häuser anzünden. Ohne dass sein Heer irgend einen Verlust erlitten hätte, kehrte er zurück.” Beim Empfang einer anscheinend doch noch respektlosen Barbarengesandtschaft in Brigetio (Komorn) traf den leicht erregbaren Cäsar der Schlag. Mit seinem Tod und dem Tod seines mitregierenden Bruders Valens in der Schlacht bei Adrianopel (9. August 378) gegen die vor den Hunnen hergetriebenen Goten beginnt die unstete Völkerwanderungszeit.

 

In Bernhardsthal zu sehen: An die Römer erinnern im Museum eine Marc-Aurel-Münze und drei weitere römische Münzen (Vespasian, Faustina und Antonius Pius); die drei letzteren Münzen wurden in der Gegend zwischen der Flur „Feldboden” und Nordbahn nächst dem einstigen Wächterhaus Nr. 48 gefunden, der Fundort der ersten Münze ist unbekannt. Unter den germanischen Gefäßbruchstücken finden sich auch einige von Gefäßen, die aus der römischen Provinz eingehandelt wurden, wie z. B. „Terra-sigillata”-Stücke.

 

 

Die Zeit der Völkerwanderung (375 bis etwa 800)

Schon vor der Zeitenwende lösten Übervölkerung und klimatische Veränderungen eine Wanderung von Teilen germanischer Stämme nach Süden aus. So verlegten die noch halbnomadischen Goten ihr Siedlungsgebiet von Skandinavien erst in das Mündungsgebiet der Weichsel und später in die südliche Ukraine ans Schwarze Meer. Der Angriff der aus Asien stammenden Hunnen (375) auf Ost- und Westgoten löste jenen stürmischen Zug vor oder mit den Hunnen nach Westen aus, mit dem traditionell der Beginn der Völkerwanderung fixiert wird. Ein Ereignis, das gerade unsere Heimat und ganz Mitteleuropa 400 Jahre lang aufwühlte. Halb- bis ganznomadische Stämme vertreiben oder werden vertrieben und verbleiben, meist notgedrungen, nur kurzzeitig in einem bestimmten Gebiet. Ein wüster Haufen verschiedener Stämme, Stammteile und wechselnder Koalitionen von Goten, Gepiden, Alanen, Vandalen, Hunnen u.a. zieht westwärts, eine breite Spur der Verwüstung hinter sich lassend. Obwohl sich das Hin und Her der Völker in unserem Raum auch nach 800 nicht wesentlich ändert, wird die Völkerwanderungszeit von den Historikern mit etwa Karl dem Großen beendet.

Vermutlich als Folge der gotischen Weltbewegung drangen die Markomannen 395 in Pannonien ein, ließen sich aber schließlich im Raum zwischen Carnuntum und Tulln südlich der Donau nieder. Auch die Quaden wichen aus und schlossen sich bis auf wenige Zurückbleibende um 401 dem Zug der Vandalen und Alanen nach dem Westen an. Unser Gebiet war daher damals neben den markomannischen und quadischen Volksresten auch - vorübergehend - von Goten und Alanen, die aus dem Schwarzmeergebiet geflüchtet waren, besiedelt. 433 trat der die Hunnen begünstigende und als Geisel bei ihnen aufgewachsene römische Heermeister Aetius, Pannonien an sie ab. Unter ihrem Herrscher Attila wurden sie zur Großmacht. Es gilt als wahrscheinlich, daß er auch Niederösterreich nördlich der Donau in Abhängigkeit zu seinem Reiche gebracht hat. Nach dem Tod Attilas (453) brachen unter seinen Söhnen Streitigkeiten aus, nach Jordanes wollten sie die germanischen Volksscharen wie Sklaven unter sich verlosen. Die Streitigkeiten oder die Demütigung der Germanen führte 455 zu einer vernichtenden Schlacht am Nedao (Ledao - Leitha?). Eine germanische Koalition besiegte die Hunnen und die mit ihnen verbündeten Ostgoten.

Im Weinviertel und östlichen Waldviertel, etwa im Gebiet zwischen Korneuburg, den Leiserbergen und dem Kamp, ließen sich die ostgermanischen und anfangs romfreundlichen Rugier nieder. Das Erbe als Herren in Pannonien nach den Hunnen traten die Ostgoten an, die aber schon 471/473 abzogen. In unserer Gegend, im östlichen Weinviertel und in Südmähren, dürften die (H)Eruler geherrscht haben, bei denen nicht feststeht, ob sie ein eigener, aus Skandinavien stammender Volksstamm waren oder ein aus Mitgliedern mehrerer Stämme zusammengesetzter Heerhaufen. Auch alle übrigen „Stämme” waren eher für Zugliederungen weit offene gentile Verbände. Im nördlich anschließenden Gebiet wanderten elbgermanische Langobarden ein und kamen unter die Oberhoheit der Heruler. Der Sohn des germanischen Skirenkönigs Ediko(a), Odoaker, zog 472 als Führer germanischer Söldner nach Italien. Als Offizier der kaiserlichen Leibgarde setzte er an der Spitze einer Erhebung ostgermanischer Söldner - ihnen war die versprochene Landzuteilung verweigert worden - den letzten römischen Cäsar, Romulus Augustulus, 476 ab und wurde von den germanischen Söldnern zum König Italiens ausgerufen. Das war das Ende des weströmischen Kaisertums! Mit diesem Datum ließen die Historiker im 19.Jahrhundert das Mittelalter beginnen.

Die römische Opposition, die sich teilweise in Noricum angesiedelt hatte, sowie der oströmische Kaiser Zeno suchten in den Rugiern Verbündete. Odoaker besiegte diese aber am 15.November oder 18.Dezember 487 in einer für beide Seiten sehr verlustreichen Schlacht im Tullnerfeld. Der König Feletheus uns seine Gemahlin Giso wurden gefangen genommen und im gleichen Jahr in Ravenna hingerichtet. Der Restaurationsversuch ihres Sohnes Friderich wird von Odoakers Bruder Hunwolf und seinem Feldherrn Comes Pierus 488 verhindert. Mit dem Rest des Stammes wich er zu den sich damals in Nordbulgarien befindlichen Ostgoten unter seinem Onkel Theoderich aus.

Nach dem Untergang der Rugier im Kampf gegen Odoaker setzten sich die zum großen Stammesverband der Sueben zählenden Langobarden, die noch immer unter der Oberherrschaft der Heruler standen, im „Rugiland” fest. 505 überschritten sie die Donau und nahmen das Tullnerfeld in Besitz. Nach Prokopius brach der Herulerkönig Rodulf ein soeben mit dem Langobardenkönig Tato geschossenes Bündnis. Es kam 508 zu einer Schlacht, die im Gebiet westlich der March (Blachfeld) stattgefunden haben dürfte. „Rodulf schickte die Seinen in die Schlacht, er selbst aber blieb, am Siege nicht zweifelnd, im Lager beim Brettspiel sitzen. Es waren damals die Heruler äußerst kriegsgeübt und hatten durch viele Siege, die sie schon erfochten, einen großen Namen; entweder um leichter zu streiten oder um zu zeigen, dass sie die vom Feinde verfügten Wunden verachteten, zogen sie nackt in die Schlacht und bedeckten nur die Schamteile.... In dieser Schlacht fiel ein großer Teil der Heruler, unter anderen auch König Rodulf..... auf der Flucht wurden viele vom nachsetzenden Feind niedergemacht. Nur wenige entkamen.” Ende der Herulerherrschaft in unserem Gebiet.

Die Langobarden aber dehnten nun ihr Gebiet über Südmähren und das Weinviertel bis an die March aus und gründen unter König Wacho, der 510 durch die Ermordung seines Onkels Tato an die Macht kam, ein „Donaureich” (509/511 -539?). Funde in Poysdorf, Neuruppersdorf, Hauskirchen, Hohenau, Lundenburg und Nikolsburg bezeugen ihre Anwesenheit in unserer Gegend. Nach dem Tod Theoderichs und dem Zusammenbruch des ostgotischen Bündnissystems 526 bewog Wacho einen Teil seiner Gefolgsleute zum Umzug in das Gebiet zwischen Neusiedlersee und Plattensee. Um 547/548 besetzten die Langobarden unter Wachos Nachfolger Audoin auf Grund eines gegen die Gepiden gerichteten Bündnisses mit dem oströmischen Kaiser Justinian das südliche Pannonien bis zur Save, und zwar als Herrenschicht über die dort wohnenden Volksstämme. In die durch diese Abwanderungswellen entstandenen Lücken drangen von nun an die ersten Slawen in Südmähren ein. Der Langobardenkönig Alboin, Audoins Sohn, suchte 567 in den seit etwa 560 aus Südrußland bis zur Oberelbe vorstoßenden Awaren Verbündete gegen die nach Justinians Tod, 565, mit Ostrom verbündeten und hiemit übermächtigen Gepiden. Der Awarenkhagan Baian wird mit der Zusage, ihm das ganze Gepidenland und noch 10% des langobardischen Viehbestands zu überlassen, gewonnen. Noch im gleichen Jahr wurden die Gepiden ohne kämpferischer Beteiligung der Awaren geschlagen. Die Awaren besetzten ohne Bogenschuss das Gepidenland und waren nun ihrerseits den Langobarden zu übermächtig. Die Langobarden verließen unter einer vertraglichen Rückkehroption für 200 Jahre, nach dem Osterfest 568, gemeinsam mit Teilen anderer germanischer Stämme, den Donauraum. Es wird angenommen, dass in Pannonien und auch in unserer Gegend keine nennenswerten Germanenreste verblieben.

Die fast 6 Jahrhunderte dauernde Anwesenheit germanischer Völker in unserem Raum ist damit beendet. Die Langobarden und ihre mitziehenden Völker, Sachsen, Ostsueben, vor den Awaren fliehende Gepiden, Sarmaten und überlebende Romanen Pannoniens, gründeten in Norditalien als Nachfolger der Ostgoten das Langobardenreich (Lombardei), das sich 774 Karl der Große einverleibte.

 

Die Awaren und Slawen (568-791)

Das March-Thayaland dürfte um 530/40 slawisch geworden sein. Namensforschung und Bodenfunde liefern uns jedoch den Beweis dafür, dass nach dem Abzug der Langobarden das Land nicht vollständig von Germanen entblößt war. Es saßen da so manche Reste von germanischen Volkssplittern, die sich im Zuge der großen Völkerwanderung hier niedergelassen hatten. Schon bald aber scheinen die Slawen infolge ihrer großen Volksmenge die Reste der germanischen Bevölkerung völlig aufgesogen zu haben. Diese erste slawische Besiedlungswelle verbrannte ihre Toten auf Scheiterhaufen und bestattete die Reste in einfachen Tongefäßen. Eines der größten Gräberfelder dieser Zeit mit über 500 Bestattungen wurde in Pritluky, etwa 5km nördlich von Eisgrub, ergraben. Einzelne Urnengräberfunde slawischer Herkunft gab es in Poysdorf und Hohenau. Nähere Brandgräberfelder in Unter-Themenau (Postorna) und Altenmarkt (Stara Breclav).

Im Nordteil der Burgstätte Pohansko, die nur etwa 500 m nordöstlich des Grenzsteins 11 liegt, wurden aus dieser frühslawischen oder Altburgwallzeit genannten Periode ein Haufendorf und etwa 300 m südlich ein Brandgräberfeld festgestellt. Das Haufendorf bestand aus 79 Siedlungsobjekten darunte 8 bewohnte Halbgrubenhütten mit Steinöfen in einer Ecke, 11 vertiefte Wirtschaftsgebäude, 14 Getreidespeicher und 46 Gruben, die zu anderen Zwecken dienten. Die einzelnen Gehöfte mit Nebengebäuden lassen sich zeitlich 3 Unterperioden zuordnen. Für die erste Unterperiode um die Mitte des 6.Jhs. wurde in der Hand geklebte und unverzierte Keramik des Prager Typs ergraben, zu Beginn des 7.Jhs.dominierte Mischkeramik, d.h. gemeinsam mit der unverzierten auch teilweise gedrehte und verzierte Keramik. In der dritten Unterperiode, zweite Hälfte des 7.Jhs. und 8. Jh., gab es nur die gedrehte und verzierte Keramik des Donautyps.

Im Brandgräberfeld, Dokumentationsstand 1985, für die Grabungen 1994 und 1995 waren mir leider keine Dokumentationen zugänglich, waren von den 55 Brandgräbern 7 Grubengräber und 48 Urnengräber. In ihnen wurden neben 15 typologisch nicht definierbaren Urnenunterteilen 17 Töpfe des Prager Typs und 23 Gefäße des Donautyps freigelegt.

Als die Awaren um 561/562 unter Umgehung des Karpatenbogens bis zur Elbe vorstießen, unterwarfen sie die dort sitzenden Slawen, die ihrerseits nach und nach ganz Mähren und Böhmen besiedelten. Ihre Vorherrschaft über sie hielten die Awaren auch aufrecht, als sie nach dem Rückzug nach Pannonien ihren Herrschaftssitz, den Hring, im Alföld, der Ungarischen Tiefebene zwischen Donau und Theiß, aufschlugen.

Die Awaren ( Awar = die den Türken Ungehorsamen), ein innerasiatisches Nomadenvolk, waren vor ihren früheren türkischen Untertanen nach Westen geflohen. Als sie vor den 566/67 die zugefrorene Wolga übersetzenden Türken weiter hart bedrängt wurden, kam ihnen das schon genannte Bündnisangebot der Langobarden gerade recht. Ihr Reiterheer umfasste damals nur etwa 20.000 Mann, wuchs aber durch Eingliederung aller Miteroberungswilligen rasch an.

Zu Beginn des 7.Jhs. versuchten anscheinend die Franken Einfluss bei den gegen die Awaren aufstehenden Slawen zu gewinnen. Dem als Kaufmann getarnten fränkischen Emissär Samo gelang die Einigung der Aufständischen. Unter seiner straffen Führung erkämpften sich die Slawen ihre Unabhängigkeit (623) und setzten Samo als ihren König ein. Als nun der Frankenkönig Dagobert die Anerkennung der Oberhoheit über das Slawenreich begehrte, wies Samo dieses Ansinnen schroff zurück und schlug auch 631 einen Zangenangriff des alliierten Heeresaufgebots der Franken, Bayern, Alamannen und sogar Langobarden entscheidend zurück. Lage und Umfang des Samoreiches sind nicht eindeutig geklärt. Manche Autoren sprechen ihm Böhmen, Mähren, die Slowakei und im Süden über die Steiermark und Kärnten eine Ausdehnung bis Istrien zu. Die frühslawischen Funde in Mikulcice sprechen für ein Herrschaftszentrum in unserem Raum. Jedenfalls bewahrte dieses Reich das Weinviertel bis gegen 700 vor awarischem Einfluss. Nach dem Tod Samos 659, der von seinen 12 wendischen Frauen 22 Söhne und 25 Töchter hinterließ, zerfiel sein Reich in Kleinfürstentümer.

Um 700 wurden die Awaren wieder aktiv und dehnten ihren Machtbereich bis zum Wienerwald und Alpenostrand aus. Anfang des 8. Jahrhunderts begannen sie, auch das Weinviertel unter ihre Botmäßigkeit zu bringen, indem sie vereinzelte Sicherungsposten errichteten. Auf das Bestehen eines solchen in Mistelbach weisen die dort gefundenen awarischen Reitergräber - insgesamt 59 Bestattungen - hin. Nähere awarische Funde gab es in Lundenburg und Drasenhofen. Die nördlich der Thaya sitzenden Slawen dürften sich erfolgreich gegen jede neuerliche Unterjochung zur Wehr gesetzt haben.

Nach einer entscheidenden Niederlage gegen bayrische-alpenslawische Heere hörten die Awaren auf Angreifer zu sein. 782 verhandelten sie mit Karl dem Großen wegen eines Friedensvertrags. Nach der Unterwerfung der Bayern durch die Franken 787 war der Weg nach Pannonien für die Franken frei. Der erste Feldzug führte 791, ohne großen Widerstand vorzufinden, bis in den Raum von Raab (Györ), wurde aber nach 52 Tagen wegen einer Pferdeseuche abgebrochen.

796 begann der Endkampf der Awaren. Die Franken führten nach der Eroberung des Hrings 15, von jeweils 4 Rindern gezogene Lastkarren mit Schätzen nach Aachen. Die diesem erfolgreichsten Raubkrieg Karls bis 808 folgenden Kriegszüge zur Festigung der Eroberung zerstörten (zerstreuten) den polyethischen Kriegsverband der Awaren völlig. 822 erfolgt die letzte Nennung der Awaren in den fränkischen Quelllen, gleichzeitig scheinen die Bewohner Mährens erstmals - Gesandte beteiligten sich an dem Landtag in Frankfurt am Main - unter dem Namen „Maravani” (Mährer, Marchanwohner) auf.

Die deutsche Besiedlung (9. - 11. Jh.)

Infolge der kargen Urkundenlage ist unser Wissen über die Anfänge der deutschen bzw. bayrischen Besiedlung noch sehr lückenhaft. Es ist aber zu hoffen, dass die immer reicher anfallenden Bodenfunde sowie die Forschungen z.B. auf dem Gebiete der Namenskunde (Orts-, Flur-, Fluss-, Landschaftsnamen), der Fluranalyse, der Sprachwissenschaft usw. unsere Kenntnisse bald erweitern werden.

Die Zeit des Großmährischen Reiches (791-907)

Die in jüngster Zeit vorgenommenen Ausgrabungen der altmährischen Wallburgen in unserer unmittelbaren Umgebung (Pohansko, Mikulcice) haben gezeigt, daß die Mährer rasch an die Errungenschaften der karolingischen Kultur Anschluss gefunden haben. Dazu haben sicher auch die schon im frühen 8. Jahrhundert einsetzenden Christianisierungs- und Einflussbestrebungen bayrischer Missionare, die von Salzburg aus ihren Anfang genommen hatten, ihren Teil beigetragen. Es sei auf die bei den Ausgrabungen festgestellten Kirchenbauten und auf die Einweihung einer Kirche in Neutra (Nitra) um 828 durch den Salzburger Erzbischof Adalram (821-836) hingewiesen. Es wird angenommen, daß von König Ludwig etwa nach 830 die Missionsbereiche so abgegrenzt wurden, dass nun das mit Salzburg rivalisierende Passau für das Gebiet nördlich der Donau zuständig war, Salzburg für das weiter südlich gelegene. Obwohl nach einer späteren Quelle der Passauer Bischof Reginhar 831 alle Mährer getauft hat, bescheinigt die Mainzer Synode 852 den reichsangehörigen Mährern nur ein „rohes Christentum”. Die mühsame Erstmissionierung erfolgte sicher aus dem bayrischen Raum.

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Bronzering mit Anhängern und Bleikreuz gefunden neben dem heutigen Brunnenschutzgebiet in den langen Heidfleck (Museum Traismauer), daneben das Kreuz aus Thunau

Der Weg eines solchen Missionars oder einer Missionsgruppe lässt sich nach Bodenfunden verfolgen. So sind vier gussformgleiche Bleikreuze, eines in einem Grab auf der Schanze in Thunau (Gars am Kamp), damals die Burg des Slawen Joseph, eines in einem Grab in Unter-Wisternitz bei Pollau, wo die Burg Rastilavs, Dovina, gestanden sein könnte, ein weiteres - unser Wappenkreuz - bei uns in Bernhardsthal und das vierte, mit nur zwei erhaltenen Schenkeln, in Mikulcice (bei Hodonin) gefunden worden. Die 4 unscheinbaren Anhänger zeigen den Gekreuzigten und wurden in derselben Form gegossen. Sie sind Taufgeschenke einer wahrscheinlich bayrischen Mission. Nicht geklärt ist, ob der aus Bayern ins Zentrum des großmährischen Reichs ziehende Missionar fertige Exemplare bei sich trug oder nach Bedarf neue Kreuze goss.

Auf den Sieg Karls des Großen über die Awaren gründeten dessen Nachfolger ihren Anspruch der Oberherrschaft über das Gebiet der Mährer. Dennoch dürften die mährischen Fürstentümer zu beiden Seiten der March weitgehend unabhängig gewesen sein, im Gegensatz zu damals ebenfalls slawischen Siedlungsgebieten südlich der Donau, die dem Karolingerreich eingegliedert wurden. Insgesamt zieht sich durch die etwa hundertjährige Geschichte des Mährerreiches wie ein roter Faden das Bestreben seiner Fürsten, sich vom mächtigen Frankenreich vollständig unabhängig zu machen. Ab der Jahrhundertmitte nahmen die Auseinandersetzungen Bayern-Mährer an Zahl und Härte zu. Beide unterstützten die Oppositionsparteien im gegnerischen Bereich und nahmen Flüchtlinge auf, die sie bei gelegentlichen Friedensschlüssen wieder auslieferten.

Die Zentren des Mährerreiches lagen am Westufer der March zwischen Staré Mesto (Altstadt) bei Ungarisch-Hradisch und Mikulcice sowie am Nordufer der Thaya vom Pöltenberg bei Znaim über Tracht bis zum Wald-Burgwall „Pohansko” südöstlich von Lundenburg, etwa 500 m von der österreichischen Staatsgrenze. Auch an der Marchmündung bei Theben und in Neutra wurden Anlagen festgestellt, die in diese Zeit gehören. Die größte Besiedlungsdichte ist in Südostmähren und der Westslowakei bei Neutra anzunehmen. Ortsnamen im Gebiet zwischen Donau und Thaya, die auf eine slawische Wurzel zurückgehen, sowie zahlreiche Funde weisen darauf hin, daß auch hier damals Slawen saßen. Im Norden Niederösterreichs sind solche Namen häufiger, weiter südlich selten.

Den die Niederlage durch die Franken überlebenden Awaren wurden in der Gegend des nördlichen Burgenlandes Wohnsitze zugewiesen, doch die ungewohnten Lebensverhältnisse und auftretende Seuchen führten bald zu ihrem Aussterben. In das von den Awaren entblößte Land ergoss sich nun (nach 791) ein Strom deutscher Siedler aus Bayern bis weit hinein nach Pannonien. Diese Besiedlung des Gebietes südlich der Donau und besonders um Wien hielt vermutlich fast das ganze 9. Jahrhundert an. Die zahlreichen Ortsnamen, die auf -ing enden, und zwar in und um Wien, verweisen auf diese Zeit. Nördlich der Donau wurden aber damals nicht nur die Wachau und das Kamptal besiedelt, sondern auch in das waldfreie Kulturland zwischen Donau und Thaya müssen damals neue Siedler vorgedrungen sein. Das bezeugen wiederum die -ing -Namen, die hier vorkommen, und die man der Zeit vor dem Magyarensturm zuweist.

Den Mährern gelang es unter ihrem Fürsten Moimir I. (etwa 830 - 846), der seinen Sitz im Raum von Mikulcice gehabt haben dürfte, und dessen Nachfolger Rastislav (846-870), sich zeitweise ihre vollständige Unabhängigkeit vom Frankenreich zu erkämpfen. Die kriegerischen Ereignisse spielten sich vielfach im Grenzland an der March und Thaya ab, also auch in der Gegend um Bernhardsthal, und oft waren die fränkischen Könige (Ludwig 846 und 864, seine Söhne Karl und Karlmann 855, 857/58 und 869) gezwungen, selbst in die Kämpfe einzugreifen, was aber auch nicht zu größeren und nachhaltigen Erfolgen führte.

In dem Bestreben, sich auch in kirchlicher Hinsicht vom bayrisch-fränkischen Einfluss unabhängig zu machen, berief Rastislav unter Mithilfe Ostroms die Glaubensboten Cyrill (eigentlich Konstantin) und Method in sein Land (863), die den Mährern das Christentum in slawischer Sprache predigen konnten. Ja, Rastislav setzte sogar die Errichtung eines slawischen Bistums für Pannonien und Mähren in Rom durch, wogegen das Erzbistum Salzburg vergeblich protestierte. Der frisch zum Bischof von Sirmium ernannte Method wurde auf seiner Reise von Rom nach Mähren vom Salzburger Kirchenfürsten Adalwin festgenommen und drei Jahre in Regensburg inhaftert. Er kam erst auf heftigste Proteste des Papstes Johannes VIII wieder frei. Der Nachfolger Rastislavs, Swatopluk (Zwentibald), ließ nach 873 alle deutschen Geistlichen vertreiben, rief sie aber 885 wieder zurück. Auch die zunächst erlaubte Verwendung der slawischen Sprache in der Liturgie wurde damals vom Papst Stephan V. für das Großmährische Reich verboten.

 

Der Zentralraum des Großmährischen Reiches

Nach dem Sturz Rastislavs um 870, er wurde von seinem Neffen überlistet, Karlmann ausgeliefert und geblendet, wurde der eben genannte Zwentibald-Swatopluk I (871-894) sein Nachfolger und sein Reich der Aufsicht der beiden Grenzgrafen Wilhelm und Engilschalk unterstellt, deren Geschlecht seit 761 urkundlich nachweisbar ist. Im folgenden Jahr aber gelang es Swatopluk, das bayrische Heer, das ihm eben zur Herrschaft verholfen hatte, vernichtend zu schlagen. Dabei fielen auch die beiden Grenzgrafen. Mähren wurde in einem Friedensschluss 874 abhängiges Tributärfürstentum wie schon vor 870, bei völliger innerer Freiheit, ja Swatopluk unterwarf in Folge u. a. auch Böhmen und dehnte sein Reich nach Süden aus; er beherrschte so etwa ein Jahrzehnt lang auch das Gebiet östlich des Wienerwaldes. Bei einem Friedenschluss mit Karl III. in Tulln (884) wurde er Lehensmann des Kaisers.

Als sich aber der Frankenkönig Arnulf nach seinem Sieg über die Normannen im Westen (891) mit voller Kraft den Verhältnissen im Osten widmen konnte, forderte er zunächst Swatopluk auf, vor ihm zu erscheinen. Da sich dieser weigerte, zog Arnulf 892 mit einer größeren Streitmacht und verbündeten Bulgaren gegen ihn. Swatopluk wich einer Schlacht aus und suchte in einer seiner Burgwälle Zuflucht. Arnulf plünderte und verwüstete mehrere Wochen lang das Land.

Aus der Zeit dieser Kämpfe oder jener etwas späteren mit Herzog Svatopluk stammt wohl das Bohlenkammergrab eines slawischen Anführers, der in einem der hallstattzeitlichen Hügelgräber von Bernhardsthal nach Abräumung der ursprünglichen urgeschichtlichen Fürstenbestattung beigesetzt wurde. Das stark vergangene Skelett lag ausgestreckt auf dem Boden der Kammer, an seiner Seite ein langes Eisenschwert und zwei Töpfe typisch slawischer Art sowie ein mit Eisenreifen umgebener Holzeimer. Auch zwei mehrfarbige Glasperlen haben sich erhalten. Über dieser Kammer lagen in Holzsärgen oder frei in der Erde die Skelette einer größeren Anzahl von Männern, die teils neue, teils altverheilte, von Kämpfen herrührende Schädelverletzungen aufwiesen, und die wohl seine in einem Kampf gefallenen Gefolgsleute gewesen sind. Die Tatsache der sorgfältigen und aufwendigen Bestattung des slawischen Herrn (in einer Holzbohlenkammer) scheint zu zeigen, dass er in einem für die Slawen siegreichen Gefecht, wohl gegen fränkisch-bayrische Truppen, gefallen ist. Denn hätten die Franken gesiegt, wäre die Bestattung des Feindes sicherlich nicht mit so viel Mühe und Aufwand vorgenommen worden. Die Ausgrabung des Hügelgrabes erfolgte bereits 1877 durch Matthäus Much, das betreffende Fundmaterial ist im Jahre 1945 anläßlich der Verbombung des Urgeschichtlichen Institutes der Universität in Wien zum Großteil vernichtet worden.

Nach dem Tode Swatopluks (894) traten seine Söhne Moimir II. und Swatopluk (Zwentibald) II. die Herrschaft an. 895 setzten sich die Böhmen ab, 898 kam es zum Krieg zwischen den beiden Nachfolgern, in den die vom Kaiser Arnulf entsandten Markgrafen Liutbold und Arno tief involviert waren. Weder die Slawen noch die Franken konnten sich über ihren Auseinandersetzungen zur gemeinsamen Abwehr der Ungarngefahr einigen. Als dann endlich die Verteidigungsbereitschaft zustande kam, war es zu spät. Nach ersten Abwehrerfolgen im Jahr 901 erlag das Mährerreich 905 oder 906 dem Ansturm der Magyaren. Auch die Burgwallanlagen dürften damals zerstört worden sein. Im Frühjahr 907 zog Markgraf Luitpold mit dem bayrischen Heerbann aus, um die Magyaren niederzuringen. Östlich der March, bei Pressburg, kam es zur Schlacht, in welcher der bayrische Heerbann mit seinen Anführern vollständig aufgerieben wurde. In dieser Katastrophe zerfiel nicht nur das Großmährische Reich, auch die seit einem Jahrhundert bestehende Vorherrrschaft Bayerns nördlich der Alpen wurde gebrochen. Die Grenze des Karolingerreiches wurde daraufhin bis etwa an die Ybbs bzw. Enns zurückgenommen.

Die ersten Funde aus der Zeit des Großmährischen Reiches wurden in Bernhardsthal schon vor dem Ersten Weltkrieg geborgen. 1912 fand man in der Sandgrube in der Flur „Kohlfahrt” (lange Heidfleck neben dem jetzigen Brunnenschutzgebiet) einen Topf mit Wellenlinien, und 1913 barg Karl Bock am Kopfende eines Skeletts in derselben Sandgrube einen ähnlichen Topf. Wahrscheinlich an der gleichen Stelle fand Johann Fabian 1926 zwei ähnliche Töpfe und Alfred Ertl ebenfalls einen solchen. In den Jahren 1931 und 1932 wurden an dieser Stelle (Parzelle Nr. 1606/4) vom Urgeschichtlichen Institut der Universität Wien unter Leitung Richard Pittionis planmäßige Grabungen vorgenommen, an denen sich auch das NÖ-Landesmuseum und das Heimatmuseum Mistelbach beteiligten. Dabei wurden 20 Gräber aufgedeckt, von denen 19 dem 9. bis 10. Jahrhundert zugehörten. An Beigaben fanden sich etwa 20 Gefäße verschiedener Größe, mehrere eiserne Messer, ein eisernes Lochbeil, Reste einer eisernen Gürtelschließe, eine bronzene Gürtelschließe, mehrere Ringe aus Bronze, zwei Silberperlen, Glasperlen und ein kleines Bleikreuz mit Christusdarstellung. Von diesem Bleikreuz, das auch das Wappen der Gemeinde Bernhardsthal ziert, sind bisher 3 weitere gussidente Stücke bekannt. Das Bleikreuz und einige Gefäße sind im Museum Traismauer ausgestellt.

Diese Funde wurden mit Ausnahme des Inventars von Grab 16, das ins Heimatmuseum nach Mistelbach kam, dem NÖ-Landesmuseum übergeben. Auf Grund der Grabungsergebnisse lässt sich feststellen: Während die Bayern schon seit etwa 750 ihren Toten keine Beigaben mehr mitgaben, haben die Slawen, auch wenn sie schon Christen waren, den alten Brauch, ihren Toten Beigaben mitzugeben, ungefähr bis zum Beginn des 11. Jahrhunderts beibehalten.

Weitere typische „Dorffriedhöfe” dieser Zeit sind in der näheren Umgebung bekannt: Hohenau, Herrnbaumgarten und Rabensburg, wo zwischen 1952 und 1970 auf Parz. 1745/1 und 2 (ehemalige Sandgrube nördlich des Jägerhauses) insgesamt 29 frühmittelalterliche Körpergräber geborgen wurden.

In Bernhardsthal zu sehen: Mehrere Gefäße mit Bandverzierungen aus den Gräbern 12 - 29 aus dem
Rabensburger Gräberfeld. Die Funde aus den Gräbern 1 - 11 sind im Museum Hohenau zu sehen

 

Pohansko - Heidenstatt

Die wohl wichtigste großmährische Ausgrabung in nächster Umgebung ist die am Burgwall von Pohansko, knapp über der Grenze beim Grenzstein 11. Die freie Fläche vor dem liechtensteinschen Schlösschen war einst ein großmährischer Adelshof. Seit 1959 durchgeführte Ausgrabungen haben die schon erwähnten Siedlungsobjekte und Urnengräber mit Keramik des Prager Typus ergeben, woraus auf landwirtschaftliche Ansiedlungen im 6. bis 9.Jh. geschlossen werden kann.

Plan des Fürstengehöfts in Pohansko mit Gräberbereich

Der Ausbau der bestehenden Siedlung zur Burgstätte erfolgte Anfang des 9.Jhs., wobei der ovale Burgwall eine Fläche von 28 ha umschloss. Die Reste des Walls sind heute noch gut sichtbar. Die ursprünglich bis 6,5 m breite Konstruktion bestand aus einer Lehmaufschüttung mit steinerner Stirnmauer und einer von in 1,5 m bis 2 m Abstand eingerammten Pfosten gestützten Holzwand. Der Wall war 4 m hoch und mit der Brüstung aus Holz erreichte er wahrscheinlich 6 m Höhe. Außen- und Innenmauer waren in unregelmäßigen Abständen mit quer liegenden Pfosten stabilisiert. Im südlichen Festungsteil wurde ein wahrscheinlich mit einem Turm überbautes Torbauwerk mit 2 Toren festgestellt. Es öffnete sich eventuell auf eine Brücke über einen Flussarm. Die Befestigung fiel schon Mitte des 9. Jh. einem Brand zum Opfer, wurde aber weiterverwendet.

Der Fürstenhof lag im Nordwesten des Burgwallgeländes und nahm eine rechteckige, von einer Holzpalisade umgebene Fläche von etwa 1 ha ein. Er umfasste über 50 Siedlungsobjekte mit einem sakralen Bezirk und Kirche. Der frühfeudale Besitz wies einen Wohnteil mit ein- und mehrräumigen Häusern auf Mörtel- und Steinsockeln, einen Wirtschaftsteil mit Stallungen, Scheunen und Umzäunungen für das Vieh und einen Handwerkerteil mit Werkstätten und Brennöfen auf.

Die hinter einem eigenen Zaun errichtete einschiffige Kirche war 18,65 m lang und 7,2 m breit mit halbkreisförmiger Apsis und fast viereckigem Narthex. Südlich schloss sich ein viereckiger Zubau an. Die Kirchenmauern aus Bruchstein und Kalkmörtel waren verputzt und im Inneren befanden sich Farbfresken. Die Kirchengründung wird in der älteren Phase des Hofes, Mitte des 9. Jh. angesetzt. Spätestens Mitte des nächsten Jahrhunderts ging sie wieder unter. Der die Kirche umgebende Friedhof weitete sich allmählich über die Gehöftumzäunung aus. Unter den 407 Gräbern waren überproportional viele Männergräber, was auf Fürstengefolge hinweist. 4 Gräber enthielten Schwerter, 8 Äxte, 32 Sporen und 36 goldene und silberne Schmuckstücke. Die byzantinisch-orientalisch beeinflussten Schmuckstücke sind den Zeithorizonten von Anfang des 9. bis Mitte des 10. Jh. zuzuordnen.

Im nordöstlichen Burgstättenteil wurden neben den schon angeführten frühslawischen Gehöften 120 Objekte der Burgwallzeit, darunter eingetiefte Wohnhütten und außergewöhnlich langgestreckte, stark eingetiefte Bauten, festgestellt (6-14 m Länge und 80 - 120 cm Eintiefung). Diese, weitere große Oberflächenbauten, 2 Brunnen und 2 Bauten mit einem Streifen gegossenen Mörtelfußboden weisen das Gebiet als Handwerkszentrum aus. Gefundene Bleibarren, Handwerkswerkzeuge, Ringe aus einem Drahtpanzer und Tonöfen bestätigen dies.

Nordöstlich schloß an den Burgwall eine von Palisade und gepflasterter Stufe geschützte Vorburg mit etwa 2,5 ha an. In etwa einem Viertel der Fläche wurden 103 Objekte der Burgwallzeit ergraben. Im nordöstlichen Burgstättenteil und in der anschließenden Vorburg fehlten in allen 170 festgestellten Gräbern Waffen und Reiterausrüstungen.

Bei einer 9 ha umfassenden Rettungsgrabung der südlichen Vorburg, die nur einen Teil des besiedelten Gebietes anschnitt, wurden 436 Siedlungsobjekte, ein Viertel davon bewohnbare Erdhütten mit Steinöfen in der Ecke, festgestellt. Sie lassen sich drei Gruppierungen zuordnen, im Westen und Osten je ein Dorfplatztyp mit gemauertem Brunnen in der Mitte, dazwischen, mit Reihen- und Straßenanordnung und zahlreichen Mühlsteinfunden sowie Lagerräumlichkeiten, könnte eine Hofbedienstetengruppe gelegen sein. In den 200 in der südlichen Vorburg mitergrabenen Gräbern wurden auch Schwerter, Äxte und Sporen gefunden, was vielleicht auf die bessere Situierung des Gefolges gegenüber den Handwerkern im nordöstlichen Teil hinweist.

Auf dem Areal des teilergrabenen frühslawischen Brandgräberfelds im Süden wurden auf knapp 4000 m² 76 Siedlungseinheiten in 4 Gruppen festgestellt. Stellenweise fand man Graben als Hofabgrenzung vor.

Die aus dem Bericht ersichtliche Agglomeration konnte sich mit der damaligen landwirtschaftlichen Technik sicher nicht selbst versorgen und war auf Zulieferung aus der Umgebung angewiesen. Zu den wahrscheinlichen Lieferanten zählten auch die Dorfbewohner zu denen der Friedhof auf der Stierwiese gehörte.

 

 

Vergoldete Silberohrgehänge aus Pohansko

 

 

Die Magyarenzeit (906-991)

In den Salzburger Annalen finden wir für das Jahr 881 die Erstnennung der Ungarn. Erst im Raum von Wien (ad Weniam) und später bei Pöchlarn kam es zu Zusammenstößen. Die Anmerkung ist gleichzeitig die Erstnennung von Wien. 892 benützte Arnulf die Ungarn als Verbündete gegen Zwentibald. Hierbei dürften die Ungarn auf den Geschmack gekommen sein und verheerten 894 auch das Gebiet ihrer ehemaligen Verbündeten. Spät, aber doch, 902, kämpften die Mährer gemeinsam mit den Bayern gegen die neue Bedrohung.

Heute wissen wir, dass die Magyaren die Bewohner jener Ländereien, über die sie die Herrschaft ausübten, nicht ausgerottet haben, wie man früher gemeint hat. Ein Land ohne Bevölkerung konnten die Magyaren nicht brauchen, denn es musste ja jemand für sie, die Jahr für Jahr ihre Raubzüge unternahmen, die Felder und Haustiere betreuen, kurz und gut für die Sicherung der Ernährung sorgen. Wohl aber errichteten die Magyaren, ähnlich wie seinerzeit die Awaren, da und dort Stützpunkte im Lande. Man vermutet solche vor allem in Orten, die den Namen Ungerndorf tragen bzw. trugen. Es gab ein Ungerndorf bei Zistersdorf und bei Eisgrub, während jenes südlich der Stadt Laa heute noch besteht. Möglicherweise gehen auf diese Zeit auch die Flurnamen „Ungarfeld” in Walterskirchen, „Ungerfeld” oder „Hungerfeld” in Zwingendorf, Diepolz und Asparn a. d. Zaya, „Ungerfeld” in Jedenspeigen und in Bullendorf, „Humerfeld” oder „Hungerfeld” in Ulrichskirchen und „Ungarische Gstetten” in Schrattenberg zurück. Auch die Ortsnamen Fallbach (falva=Dorf), Schotterlee (sator=Zelt) und Pulgram werden auf die Ungarnzeit zurückgeführt. Auch in Großkrut gibt es übrigens einen Ortsteil, der „Schotterlee” genannt wird.

Da die Magyaren ihre jährlichen Raubzüge schließlich bis ins Frankenreich ausdehnten, rüsteten König Heinrich und nach ihm sein Nachfolger König Otto I. zum Gegenschlag. Am 10. August 955 wurden dann die noch im Jahr zuvor als Verbündete gefeierten Magyaren in der Schlacht auf dem Lechfeld bei Augsburg vernichtend geschlagen. Das frei gewordene Land im Osten wurde Schritt für Schritt in Besitz genommen. Neue Siedler aus Bayern strömten in das Land. Nach einem neuerlichen großen Sieg des Bayernherzogs über die Magyaren im Jahre 991 griff die Neubesiedlung auch wieder auf das Weinviertel über.

Schon 976 war Liutpold von Babenberg als Markgraf der Mark im Osten eingesetzt worden, für die bereits 996 der Name „Ostarrichi” (Österreich) aufscheint. Während bei der Besiedlung in der Karolingerzeit keinerlei Richtlinien eingehalten wurden, ging man jetzt nach einem wohldurchdachten Plan vor. Man schuf zuerst gesicherte Grenzzäune, sodass eine ungestörte Besiedlung des Hinterlandes gewährleistet war, und schob dann diesen Grenzstreifen wieder vor. Schließlich wurde auch das Grenzland an der March auf diese Weise befestigt und das Hinterland für die Ansiedler erschlossen.

Auch für Ungarn bedeutete der Sieg des Bayernherzogs 991 eine Wende. Schon nach 955 hatte hier ein Umwandlungsprozess eingesetzt, der aus den Nomaden nach und nach ein sesshaftes Volk machte. Nach 991 kam es dann nicht nur zu einer Heirat König Stephans, des nachmaligen Nationalheiligen, mit einer bayrischen Prinzessin, sondern der König erhob auch nach seiner Taufe 996 das Christentum zur offiziellen Religion und setzte dies bei seinen Untertanen mit Feuer und Schwert durch. Durch diesen Bürgerkrieg und die nachfolgende Erholungsphase in Ungarn kam es, daß an der Ostgrenze der Ostmark bis 1030 Friede herrschte.

 

Die Zeit der ersten Babenberger

In den zwei Jahrzehnten, die dem Sieg über die Ungarn im Jahre 991 folgten drang die deutsche Besiedlung entlang der Donau bis zur March vor. Freilich verlief sie nicht ungestört von den Vorbewohnern und Nachbarn. So bemächtigte sich nach 997 der junge Polenfürst Boleslav Chrobry Mährens und versuchte 1015 und 1017 bis zur Donau vorzustoßen. Diese Einfälle, die die Babenberger Markgrafen der Ostmark, zuerst Heinrich I., dann ab 1018 sein Bruder und Nachfolger Adalbert, erfolgreich abwehrten, führten zu einem Vorschieben des babenbergischen Einflussbereichs bis zur Thaya. Nach dem 1018 geschlossenen Frieden konnte die Siedlungstätigkeit weiter vorrücken. Den einige Jahre später erfolgten Zusammenbruch des Polenreiches benützte der böhmische Przemyslidenherzog Udalrich (Oldrich) zusammen mit seinem Sohn Bretislav als günstige Gelegenheit, sich in den Besitz Mährens zu bringen.

Die Entwicklung der Babenbergermark zwischen 976 und 1002 und die Grenze des Herzogtums Bayern

Im Jahre 1030 gab es wieder Streit mit Ungarn. Kaiser Konrad II. soll bei seinem etwas mutwilligen Zug gegen Osten nur bis an die Fischa gekommen sein. In Wien, hier die zweite Nennung Wiens, fiel sein Heer in die Hände der Ungarn. Damals ging infolge dieses unglücklich verlaufenen Feldzuges unsere Gegend, und zwar das ganze Gebiet östlich der Linie Fischa, Fischamend, Pollauer-Berge nochmals an Ungarn verloren. An der Grenze der alten Pfarren Falkenstein und Großkrut ist diese einstige Landesmarkziehung noch erkennbar. Im Jahre 1038 brach Herzog Bretislav, der Gründer des nachmagyarischen Breclav (Lundenburg), in Österreich ein. Bretislaw, von Zeitgenossen „böhmischer Achill” genannt, war ein echter Haudegen. Er raubte bei Nacht und Nebel seine Geliebte Judith, die Tochter des Grafen von Schweinfurt, aus einem bayrischen Kloster. 1034 war er seinem Vater Udalrich als Herzog nachgefolgt und hatte wohl den Plan gefasst, den Besitz der Przemysliden bis an die Donau hin auszudehnen. Der energische Widerstand, den ihm Markgraf Adalbert entgegensetzte, vereitelte sein Vorhaben und es gelang ihm nur 1038 eine grenznahe Burg zu besetzen, die aber der Sohn Markgraf Adalberts, Liutpold, 1041 wieder zurückeroberte. Die Feste war wahrscheinlich Gars/Thunau und die äußerst grausame Rückeroberung brachte große Beute. Im gleichen Jahr wurde Bretislav auch vom deutschen Kaiser Heinrich III. besiegt, worauf er in Regensburg den Vasalleneid leistete. Der Regensburger Friede (1045) bestätigte die Grenze an der Thaya, wie sie etwa heute noch verläuft.

In dieser Zeit hören wir auch von einer einem Adalbero unterstellten Grenzmark im Gebiet des Pulkautals zwischen Hardegg-Znaim (Eggenburg) einerseits, den Pollauer und Falkensteiner Bergen anderseits, der „Böhmischen Mark”. Im Jahre 1042 fiel der Ungarnkönig Aba südlich der Donau in die Ostmark ein und zog sich nach den unvermeidlichen Plünderungen wieder zurück. Ein zweites ungarisches Heer, das nordwärts der Donau, also ins Weinviertel eingedrungen war, wurde aber von Markgraf Adalbert und seinem Sohn Liutpold geschlagen und bis zur March verfolgt. Kaiser Heinrich III. führte dann 1042, 1043 und 1044 Feldzüge gegen die Ungarn, und deren König mußte ihm schließlich den Vasalleneid leisten. Schon 1042 war das Grenzland an der March östlich der Linie Pollauer Berge-Fischamend wieder frei geworden. March und Thaya blieben weiterhin Grenze. Das wieder gewonnene Stück Land übertrug der Kaiser als „Ungarnmark”, auch als „Neumark” bezeichnet, dem Markgrafensohn Liutpold. Als dieser im selben Jahr starb, wurde ein Markgraf Siegfried, dessen Abstammung unbekannt ist, sein Nachfolger, den der Kaiser mit reichem Landbesitz ausstattete. Siegfried konnte oder wollte aber seine nördlich der Donau bis Stillfried reichenden Besitzungen nicht mit eigenen Leuten besiedeln.

Zur Besiedlung war ein beachtlicher organisatorischer und finanzieller Aufwand notwendig. Er hätte etwa 500 bis 1000 Leute, Bauern, Knechte und Mägde und dazu einige Ministeriale auftreiben müssen. Nach altem fränkischem Recht gehörte alles eroberte Land dem König. Dieser, nämlich Heinrich III., vergab es im Wege der Schenkung oder der Lehensvergabung an weltliche oder geistliche Grundherren, die ihrerseits Teile des ihnen zugekommenen Grundbesitzes an ihre Vasallen weiter verliehen und einen ihrer Lehensleute mit der Anlage der Dörfer und Fluren beauftragten. Den weitaus größten Teil des grundherrlichen Besitzes erhielten aber die bäuerlichen Grundholden, die ihre Untertanen waren. Leibeigene gab es in unserer Gegend nicht. Diese bäuerlichen Grundholden brachten die Grundherren entweder aus ihrer bayrischen Heimat oder aus einem bereits vor 991 besiedelten Gebiet der Ostmark mit. In unserem Grenzland stand bei der Errichtung einer Ortsanlage natürlich immer der Wehrgedanke im Vordergrund.

Um diese Zeit wird ein Richwin genannt, dessen Besitz im in Großkrut und Gaubitsch verwildert oder noch nicht richtig ausgebaut war. Anscheinend konnte man in den sog. böhmischen und ungarischen Marken noch Besitz erringen ohne an vorhandene Rechte zu stoßen. Er gründete das später verödete Richwinsdorf (Reibersdorf), dessen Gebiet dem „Passauerhof” bei Walterskirchen entsprach. Nach der Verurteilung Richwins wegen der Mitwirkung an einem Aufstand schenkte Kaiser Heinrich III. dieses Gut 1056 an Passau.

Auch Bernhardsthal dürfte als Angerdorf um diese Zeit entstanden sein. Auf eine eventuelle Vorgängersiedlung aus der Zeit des Mährerreiches könnten die Erzählungen von Ödenkirchen hinweisen. Eine fundmäßige Sicherung gibt es hiefür nicht, auch bei der Neuaushebung des Teiches konnten keine Hinweise gefunden werden.

Karten

Ort Bernhardsthal mit Flurbezeichnungen

Zur besseren Orientierung habe ich vor den Fundstellenkarten eine auf Basis der ÖK 50.000 überarbeitete Karte und einige Erläuterungen zu den Flurnamen eingeschoben. Im Text wurde bei der Bezeichnung von Fundstellen auf die ortsüblichen Flurbezeichnungen zurückgegriffen. Die Überarbeitung war notwendig, da die Neuaufnahme der ÖK 50.000 lange auf sich warten lässt und der Kataster nur einen in der Natur oft nur schwer nachzuvollziehbaren Rechtszustand zeigt. Insbesonders sind viele dort eingetragene Wege überackert und Parzellen wirtschaftlich zusammengelegt.

Die Flurbezeichnungen Bernhardsthals können dem sie nicht täglich verwendenden Nicht-Landwirt einige Schwierigkeiten bereiten. Schon die Grundlagen, die ÖK 50.000 und der Kataster 1:10.000, stimmen in einigen Bezeichnungen nicht überein, zB. Sterzäcker = Steinäcker. Auch die mundartliche Aussprache führt zu Missverständnissen, so waren die „Hoat(d)fleck” für mich immer Hart- und nicht, wie richtig, Heidflecke. Es gibt außerdem kurze und lange „Hoadfleck”, und beide Bezeichnungen scheinen im Kataster 1:10.000 nicht auf - sie sind, gelegen zwischen Hamelbach und Föhrenwald, ein Teil der Flur Kohlfahrt. Ähnliche Probleme (auszugsweise) hatte ich mit Erlwiese - Elaswiese - Edleswiese und Moorwiese - Moawiese - Marwiese. Auch die Kohlfahrt interpretierte ich als Kind wegen der Kuhweiden als Kuifuat, Kuhfurt.

Die Kohlfahrt, unter der ein Einheimischer eigentlich nur den nördlichsten Teil des Föhrenwaldes versteht, umfaßt offiziell, ausgehend vom alten Weg südlich des Hamelbachs und der Bernsteinstraße, im Süden, Osten und Norden die Ackerln. Von der Hamelbachmündung südlich erstrecken sich entlang der Thaya die Pfaffenwiesen. Parallel dazu, noch schmäler und vom Hamelbach bis in die südöstliche Ortsgebietsecke reichend, gibt es Aulüssen, die noch die kleine Flur Krautgärten einschließen und in deren südlichsten Ecke das „Feldl” mit dem ergrabenen Germanengehöft liegt. T(h)aläcker sind ein schmaler, spitz zulaufender Streifen südlich des alten Hamelbachweges ab der Bernsteinstraße, aber auch, durch Mundartumwandlung von „Teiläckern”, alles südlich der Lehen, wo sie aber in Obere, Mittlere, Untere und die bei den drei Bergen geteilt werden. Ein, kleines, Problem ist unser Bach. Ich weiß nicht wie er zum Hamelbach wurde, in älteren Karten ist er jedenfalls so bezeichnet. Gescheite Geografen kamen aber auf die Idee, dies müsse ein Schreibfehler sein und setzten wegen des Hamethofes Hametbach ein. Zusätzlich gab es auch Schilder mit Hammelbach. Ich bleibe, wie alle Einheimischen, bei Hamelbach.

Siedlungsfundstellen liegen üblicherweise in der Nähe von Wassser, aber möglichst überschwemmungssicher. Mangels frei zu Tage tretender Quellen, mir ist nur eine versiegte oberhalb des Johannes bekannt, erstreckt sich der Siedlungsbereich an den mehr oder weniger flachen Talschultern des Hamelbaches und der Thaya. Die Funde auf der nördlichen Schulter von den Loslingen über Johannes und die Unfrieden bis zur Stierwiese, auf der südlichen Schulter von von den Tallüssen über das Ortsgebiet, Ödenkirchen bis zu den Thaläckern. Zu nah am Wasser lag das Germanengehöft in den Aulüssen, was zur Auflassung der Siedlung wegen Hochwasser aber auch zu ihrer Erhaltung als Fundstelle führte.

 

Quelle:ÖK 50.000, Blatt 26, eigene Überarbeitung

 

Fundstellenkarte Bernhardsthal

 

Überarbeitete Karte aus dem Führer durch das Heimatmuseum der Marktgemeinde Bernhardsthal

 

Fundorte der näheren Umgebung

In der sehr schematischen Übersicht sind die wichtigsten im Text genannten Fundorte unserer näheren Heimat erfaßt. Um die Übersichtlichkeit zu bewahren wurden die Orte der nächsten Ortsumgebung nur auszugsweise eingezeichnet.