Für CD überarbeitet von Friedel Stratjel
Inhalt
VorbemerkungI. Die Hügelgräber von Bernhardsthal
II. Die Hügelgräber von Rabensburg
III. Das Hügelgrab von Bullendorf
In der Sammlung des Instituts für Ur- und Frühgeschichte der Universität Wien
befindet sich das Inventar der Hügelgräber von Bernhardsthal, Rabensburg und Bullendorf,
alle pol. Bez. Mistelbach in Niederösterreich. Von diesen insgesamt sieben, in Hallstatt
C-D zu datierenden Hügeln wurden sechs in den späten 70er Jahren des vorigen
Jahrhunderts von M.Much geöffnet, er verfaßte darüber auch zwei kurze Fundberichte:
M.Much, Neu aufgefundene prähistorische Bau-Denkmäler in Niederösterreich, MZK, N. F.
IV, 1878, S. LXXIX und
Derselbe, Niederösterreich in der Urgeschichte, Berichte und Mitteilungen des
Alterthums-Vereines zu Wien, XIX, 1880, S. 128ff.
Foto der Sammlung Much mit den Funden aus Bernhardsthal
1912 ging die Sammlung Muchs und damit auch das reiche keramische Material aus den
genannten Grabhügeln in den Besitz des Instituts für Ur- und Frühgeschichte über. Die
Funde wurden 1922 von L. Franz erstmals vorgelegt:
L. Franz, Die hallstättischen Hügelgräber
von Bernhardstal, Rabensburg und Bullendorf (Nied.-Öst.), WPZ, 9, 1922, S. 32ff.
Die Beschreibungen sind allerdings recht kursorisch gehalten und die Abbildungen beschränken sich auf einige wenige Stücke.
Als das Institut, das seit 1912 in einer Wohnung des Hauses in Wien 9., Wasagasse 4, untergebracht war, in den Jahren 1944 und 1945 durch Bombentreffer teilweise zerstört wurde, ging dabei auch das Fundmaterial von Rabensburg, Bernhardsthal und Bullendorf zum Großteil in Trümmer. Vor kurzem konnte nun die Restaurierung der durch Kriegseinwirkung beschädigten Sammlungsbestände abgeschlossen werden und das wurde zum Anlaß genommen, diese wichtigen und bekannten, aber bisher noch nicht entsprechend publizierten Funde aus den genannten Hügelgräbern zu zeichnen, neu zu beschreiben und in einem Fundkatalog vorzulegen. Einige Objekte sind allerdings verloren gegangen; von diesen konnten Zeichnungen nur mehr nach eventuell auf Karteikarten vorhandenen Skizzen angefertigt werden.
Der mühevollen Arbeit, die restaurierten Funde anhand der Karteikarten und den kurzen Beschreibungen in der Publikation von L. Franz zu identifizieren und den einzelnen Hügeln zuzuordnen unterzog sich dankenswerter Weise H. Friesinger, unterstützt durch Laborant H. Kühler. Der beste Dank sei an dieser Stelle der Kulturabteilung des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung ausgesprochen, die eine Subvention für die Zeichnung der Fundgegenstände durch den Graphiker Leo Leitner zur Verfügung stellte.
Die Hügelgräber von Bernhardsthal und Rabensburg wurden 1974 über Auftrag des Bundesdenkmalamtes in Wien von Dipl.-Ing. K. Oppeker vermessen und auf den entsprechenden Katasterplänen eingetragen. Diese Vermessungs- und Katasterpläne sowie eine Luftaufnahme dieser Hügel wurden der Publikation beigegeben.
1 Archaeologia Austriaca, Beiheft 15, 1977
I. Die Hügelgräber von Bernhardsthal
3 Hügel, 3 ausgegraben.
Pol. Bez.: Mistelbach
Ger. Bez.: Poysdorf
Ortsgemeinde:Bernhardsthal
Katastralgemeinde: Bernhardsthal
Parz. Nr.: 2028, 2031, 2032, 2035/2, 2035/3, 2036/1, 2036/2, 2036/3, 2039
Ausmaße:
1975: H. 4 m, Dm. 18,9 m; H. 4, Dm. 30,5 m; H. 4, Dm. 20,2 m ( - Schnittfrage!-FSt)
Link zu Höhenschichtenplan groß
Lage:
Östlich der Straße von Rabensburg nach Bernhardsthal, ca. 2 km süd-östlich von Bernhardsthal. In nordwest-südöstlicher Richtung nebeneinander. (korrigiert FSt) ÖK 1:50.000, Bl. 26, 93 mm v. 1., 151 mm v. o.; 94 mm v. l., 152,5 v. o.; 95 mm v.I.; 154 mm v. o.
Die Hügel wurden wahrscheinlich von M. Much entdeckt und vor 1878 ausgegraben. Einer der Hügel (der mittlere) war schon vorher durchgraben worden. Von M. Much gibt es zwei Grabungsberichte, die im folgenden wörtlich zitiert werden:
"Bei der Durchgrabung des ersten der Bernhardsthaler Hügel, die eine
durchschnittliche Höhe von 5 Metern und einen Umfang von circa 100 Schritten haben,
stieß ich schon in 0,25 Meter Tiefe auf sechs Skelette menschlicher Leichen. Dieselben
waren in hölzernen Särgen nebeneinander, mit dem Kopf im Westen, also der aufgehenden
Sonne entgegenblickend begraben worden. Ein Skelett und fünf Schädel sind vollständig
erhalten. 2 Meter unter der Oberfläche gelangte ich auf eine aus Bohlen gezimmerte
Holzkammer, von 2,10 Meter Länge und Breite und 0,40 Meter Höhe des inneren Raumes. Hier
lag in der Mitte auf Stroh gebettet ein bis auf wenige Schädel-Reste gänzlich
zerfallenes Skelett, zur Rechten ein Eisenschwert, und eine Urne neben dem Haupte, zur
Linken ein eisernes Messer, Stahl und Feuerstein, zu den Füßen zwei eiserne Sporen,
etwas links davon eine Urne und ein zierlicher, mit eisernen Reifen beschlagener
Holzeimer. Der übrige Raum zur Rechten war mit kleinen Kohlenstückehen ausgefüllt.
Außerhalb der Kammer standen frei in der Erde sehr große Grafit-Urnen; unter der Kammer
war nichts mehr erhalten. Der zweite (mittlere) Hügel zeigte schon äußerlich, daß er
sich
Nicht mehr in ungestörter Ordnung befinde, was denn auch die Durchgrabung, welche auf
Spuren früherer Durchwühlung führte, bestätigte. Die Untersuchung blieb ohne
nennenswerten Erfolg. Der dritte Hügel dagegen lieferte wieder ein überraschendes
Ergebnis; er war, ich möchte sagen, angefüllt mit den schönsten und mannigfaltigsten,
aus freier Hand gemachten, allerdings durchaus zu Scherben zerdrückten Gefäßen."
(M. Much 1878.)
"Manchen sind vielleicht die sechs Hügel bekannt, welche sich, je drei beisammen, zu beiden Seiten der Nordbahn an der Strecke zwischen Rabensburg und Bernhardsthal befinden; einer der näher an Rabensburg gelegenen Hügel trägt eine Capelle. Sie haben eine Höhe von 3-5 Meter und einen Umfang von 82-128 Schritten; an beiden Hügelgruppen führen uralte, vielleicht die ältesten Fahrwege der Gegend vorüber. Einer der Hügel von Bernhardsthal war leer, er zeigte die deutlichen Spatenhiebe einer früheren Durchgrabung, und ebenso blieb die Untersuchung des Hügels, auf dem die Capelle stand, erfolglos; dagegen lohnten die Ergebnisse aus den übrigen vier Hügeln Mühe und Fleiß in einem Maße, wie es dem Forscher nicht allzu häufig zu Teil wird. Ungefähr 200 Gefäße waren in denselben aufgestellt, von einer Schönheit und Mannigfaltigkeit, wie sie wohl kaum je auf so kleinem Raum beisammen waren. Sie standen in jedem der Hügel dicht zusammengedrängt, die großen in der Mitte, die kleineren im Umkreise herum; Schalen und Schüsseln aber waren zuweilen zwei oder drei übereinander auf die großen Urnen gestellt worden, in den letzteren lagen die kleinen Schöpfgefäße. Knochenreste von Leichenbrand waren in keiner der Urnen zu finden, also auch wohl nie darinnen, man müßte annehmen, daß sie völlig vergangen sind, was nicht wahrscheinlich ist, da Knochen von Thieren, welche zum Theile in den Gefäßen, zum Teile außer denselben lagen, sich erhalten haben. Dagegen zeigten sich in der zwischen und über den Gefäßen befindlichen Erde reichliche Kohlen, gebrannte Knochen und ein Stück eines gebrannten menschlichen Kiefers, und nebst geglühten Gefäßscherben geschmolzene Stücke von Bronze. An Hand der Funde läßt sich der Vorgang der Beerdigung mit ziemlicher Genauigkeit feststellen. Der Leichnam wurde mit all seinem Schmucke, der aus Bronze bestand, vielleicht auch mit seinen Waffen, auf den Scheiterhaufen gebracht, auf denselben wurden auch größere Gefäße gestellt und ganz kleine Schalen mit wohlriechendem Harz. Nachdem Alles zu Asche gebrannt war, wurden die großen Urnen, selbstverständlich durchaus Prunkgefäße, welche Met oder Bier und ein Schöpfgefäß enthielten, in eine Gruppe zusammengestellt, andere Gefäße, welche Fleischspeisen samt den Knochen, noch andere, welche Hirse und Gerste enthielten, hinzugesetzt und die Schalen und Schüsseln darauf gestellt. Hierauf wurde der Leichenbrand gesammelt, mit aller Asche des Toten, den wenigen Knochenresten, den Kohlen, den geschmolzenen Bronzeschmuckstücken und Glasperlen, den Scherben der im Leichenfeuer zersprungenen Gefäße, und über die ganze Gruppe der Gefäße gestreut, dazwischen die vom Opfermahle gebliebenen Knochen geworfen und endlich von allen Seiten die Erde herzugetragen und zu dem Hügel aufgeschüttet. Das geschah in den letzten Jahrhunderten vor Beginn unserer Zeitrechnung. - Einer der Hügel zeigt eine Abweichung von den übrigen. Nachdem Jahrhunderte seit seiner Errichtung vergangen waren, wurden in ihm nachträgliche Bestattungen vorgenommen. Ich stieß nämlich ganz zu oberst, etwa einen halben Meter tief, auf sechs Skelette, die in Särgen, mit den Füßen gegen Osten, nebeneinander lagen. Die Hände waren an den Seiten ausgestreckt, nur bei einem gekreuzt übereinander, keine Spur einer Beigabe, wenige kleine Scherben von gedrehten und ungedrehten Gefäßen. Zwei Meter tiefer stieß ich erst auf einzelne Balken, sodann auf ganze Lagen von Balken, die einer wohlgezimmerten und gefügten Grabkammer angehörten, welche mit Vorsicht geöffnet wurde. In der Mitte des etwa zwei Meter im Geviert und einen halben Meter in der Höhe messenden Raumes lag mit den Füßen gegen Osten das zu reinem weißen Mehl zerfallene Skelett, auf Stroh gebettet, nur ein Stück der Hirnschale war noch erhalten; zur Rechten ein langes, eisernes Schwert, zur Linken Messer, Stahl und Feuerstein, zu den Füßen zwei eiserne Sporen, rechts zu Häupten zwei Glasperlen und eine gedrehte Urne, links zu Füßen ebenfalls eine solche Urne und ein zierlicher hölzerner Eimer mit eisernen Reifen und Bügeln. Der übrige innere Raum enthielt zum Teile Sand und Kohle; außer der Grabkammer lagen die Scherben von den Urnen, welche der späteren Beisetzung den Platz räumen mußten. Diese dürfte der Zeit der Völkerwanderung angehören. In welcher Beziehung aber die zu oberst bestatteten sechs Leichen zu dem in der Grabkammer Beerdigten gestanden, ob es etwa Knechte waren, welche mit dem Herrn sterben mußten, ob sie später dort begraben wurden, läßt sich heute nicht mehr sagen." (M. Much 1880.)
Publikation:
M.Much, Neu aufgefundene prähistorische Bau-Denkmäler in Niederösterreich, MZK N. F. IV 1878 LXXIX.
M.Much, Niederösterreich in der Urgeschichte, Berichte und Mitt. d. Altertums-Ver. zu Wien XIX 1880 128ff.
K.Kromer, Chr. Peschek, Die hallstättischen Grabhügel in Niederösterreich und im Burgenland, MAG 87 1957 56 (mit weiteren Literaturangaben).
Verwahrung der Funde:
Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Wien,
Inv.Nr. 4270-4273, 4275-4282, 4284-4289, 4292, 4294, 4980, 4994, 4996-4998, 10001, 10003,
10007, 10009, 10013, 10023, 10024, 10028-10030, 15493, 14494, 18445, 18944, 18947 (zum
Teil Nicht mehr vorhanden);
Inv.Nr. 4283, 4296, 10004 als Leihgaben im Museum Bernhardsthal,
Inv.Nr. 4274 im Museum Mistelbach.
Abb. 2: Luftaufnahme der Hügelgräber von Bernhardsthal. (Aufnahme Fliegerbrigade, Bildkompanie; freigegeben vom Bundesministerium für Landesverteidigung, Zahl 27144-2/71, Kommando der Luftstreitkräfte.)
Hügel 1 = Tumulus I (Nach L. Franz 1922)
Ausgrabung: Zwischen 1875 und 1878 durch M. Much.
Bestattung: In 2 m Tiefe frühgeschichtliche Nachbestattung in aus Bohlen gezimmerter hölzerner Grabkammer (210 x 210 x 40 cm), Skelett bis auf einige Schädelreste vergangen. Orientierung W-O. Darüber, in 25 cm Tiefe, 6 beigabenlose Körperbestattungen in Holzsärgen, Orientierung W-O. Durch die frühgeschichtliche Nachbestattung war das hallstattzeitliche Grab zerstört worden.
Beigaben: Frühgeschichtliche Nachbestattung: rechts neben dem Körper Eisenschwert, links Eisenmesser und Feuerschläger mit Feuerstein, neben dem Schädel Tongefäß und zwei Glasperlen, bei den Füßen zwei eiserne Sporen, links davon weiteres Tongefäß und mit Eisenbeschlägen versehener Holzeimer. Hallstattzeitliche Bestattung: Bruchstücke von Tongefäßen. (M. Much 1878 und 1880.)
Hügel 2
Ausgrabung: Zwischen 1875 und 1878 durch M. Much. War vorher schon gestört.
Bestattung: -
Beigaben- -
Hügel 3 = Tumulus II (nach L. Franz 1922)
Ausgrabung: Zwischen 1875 und 1878 durch M. Much.
Bestattung:Wahrscheinlich Brandschüttungsgrab. (S. Angaben bei M. Much 1880.)
Beigaben:49 Tongefäße, z. T. mit Deckeln, Spinnwirtel, Wetzsteinbruchstück, Bronzering von 3 cm Durchmesser, Bronzeblechstücke, geschmolzene Bronzestücke, darunter Kahnfibel (?), Bruchstücke eines Eisenmessers, sowie verkieselte Weizen- und Hirsekörner. (L. Franz 1922.)