Eisenbahn in Bernhardsthal

ÖBB - Fahrplanauskunft

 

Der Bau der Kaiser Ferdinands-Nordbahn im Jahr 1838 brachte für Bernhardsthal die erste wirtschaftliche Revolution seit der Besiedlung um 1100. Bis dahin war der einzige Wirtschaftszweig die Landwirtschaft, nur umgeben von einer geringen Anzahl von Kleindienstleistungs-Gewerben für die Landwirtschaft. Nun trat ein Großunternehmen als langfristiger Arbeitgeber in den Gemeindebereich.

Erst 30 Jahre später, mit der Errichtung der Haltestelle, begann das Zeitalter der Mobilität für Bernhardsthal. Bis etwa 1960 blieb die Bahn für den Großteil der Bevölkerung das wichtigste Verkehrsmittel über weitere Entfernungen.

Zum Bau der Bahn gibt es einen Bericht im Gedenkbuch der Pfarre (siehe unten) sowie einen Artikel im Hauskalender 1914 zur 75-Jahr-Feier von Pfarrer Bock.

Ebenfalls im Hauskalender sind die Namen der Eisenbahnbediensteten in den Jahren 1913 und 1919 zu finden.

Fotos zur Bahn in Bernhardsthal sind in den Bänden   Bahn1,   Bahn2   und   Bahn3   enthalten.

1840 erschien ein Bericht zu „Kaiser Ferdinands Nordbahn - deren Ausführung und Betrieb” von Paul Stopfl, der interessante Details zum Bau wie zu den Vorschriften für die Bahnbediensteten beinhaltet.
Auch der Text des Rothschild- Bahn- Privilegs ist darin enthalten.

 

Gedenkbuch II, Seite 122

1838 Bau der Nordbahn

Im Anfang des Mai-Monats im Jahre 1838 wurde mit dem Baue der Ferdinands—Nordeisenbahn in dem hiesigen Burgfrieden das Beginnen gemacht. Vorauszusehen war es, daß ein so schwieriges Terrain, wie das hierortige, wegen der Niederungen im Teiche, denen füglich nicht auszuweichen war, viele Arbeit und bedeutende Kosten-Aufwand veranlassen würde. Und dieses war nun wirklich der Fall. Um die Niederung über den Teich hinüber, so wie es die Notwendigkeit erheischte, aufdämmen zu können, mußte der Teich entwässert und trocken gelegt werden; wofür die fürstliche Herrschaftsbesitzer eine Vergütung  von Acht Tausend Gulden C.M. angesprochen haben soll. Im Monate Juli sind die Erdarbeiten in Angriff genommen worden. Außerhalb des Teiches waren diese großenteils vollendet, indem einige hundert Arbeiter, die aus allen Gegenden herbeikamen, seit dem Monate Mai dabei beschäftigt waren. Daß währen dieser Zeit das sonst so stille Dorf zu einem wenig erbaulichen Tummelplatz umgeschaffen wurde, läßt sich sehr wohl denken.

Ein Erddamm von fünf Klaftern und einigen Schuh Höhe erhob sich allmählich aus der Fläche des Teiches empor. Die Erde zu diesem Damme, welche gemäß Kontrakt mit der Herrschaft aus dem Teichgrund hervorgehoben worden ist, wurde mittelst Wägen auf den Schienenweg zusammengeführt. Mehrere hundert Bespannungen des hiesigen und der benachbarten Orte wurden täglich, durch beinahe fünf Monate, dazu verwendet. Es kam dadurch auch ein schönes Stück Geld unter die Leute.

Die Direktion der Eisenbahn hat den Unterbau der hierortigen Strecke an zwei Unternehmer aus Wien, namens Merkl und Mitschek, pachtungsweise überlassen. Da jedoch der erstere im Monate Juli in Rabensburg gestorben ist und der letztere (wohl infolge des Todesfalles) Mangel an klingendem Material zu haben anfing, somit den Bau nicht ausführen konnte, so trat eine Gesellschaft aus der Lombardei unter der Firma Tallaquini an dessen Stelle, welche den Bau unter der Leitung eines gewissen Comi, später Vanelli, zustand brachte.

Die Erdarbeiten über den Teich sollen bei 60.000, und der Wasserdurchlaß samt beiden Durchfahrtstoren bei 100.000 Gulden C. M. Kosten veranlaßt haben.

Als man die Erde aus dem Teichgrunde, in der Gegend der Sandlehen, herausgehoben hatte, wurden zuerst einzelne, sodann viele hundert Totenschädel und Menschengebeine ausgegraben und in hastiger Eile samt der Erde nach dem Schienenweg geführt, auch hin und wieder zerstreut. Es kam ferner während der Abgrabung ein festes Gemäuer, an welchem man die Überreste eines stattlichen Gebäudes erkennen konnte und ein schöner, noch wohl erhaltener Wasserbehälter von behauenen und verkitteten Steinen zum Vorschein.

Auch ein Geschirr / Vase / von Graphit, in der Größe eines österreichischen Metzens wurde ausgegraben, aber im Augenblick der Auffindung durch einen mutwilligen Burschen mit dem Grabscheite zerschlagen.

Endlich wurden auch einzelne Kupfer- und Silbermünzen gefunden, welche von dem Baupersonale sogleich in Beschlag genommen wurden.

Im Spätherbst und im folgenden Frühjahre wurden die Schienen gelegt und Ende Mai 1839 der Bau vollendet.

Am 6. Juni 1839 erschien der erste Dampfwagen auf der hierortigen Bahnstrecke und am 9. Juni 1839 ist die Bahnstrecke von Wien bis Brünn vormittags mit fünf Wagenzügen, worauf sich mehr als tausend Personen befanden, eröffnet worden. Da dieser Tag ein Sonntag war, so haben hier und in der Nachbarschaft die Neugierigen den Gottesdienst versäumt.