Sein Nachfolger wurde am 16. März 1798 der gebürtige Vorarlberger
Franz Anton
Purtscher (1799-1806), der zuerst als Schlosskaplan in Rabensburg und von 1784 an als
erster Pfarrer der neu gegründeten Pfarre Hausbrunn gewirkt hatte. Zu der Affäre um die bereits genannte Schmerzhafte Muttergottesstatue, die sich in der Amtszeit Pfarrer Purtschers zugetragen hat, lassen wir im folgenden Franz Hlawati berichten. Im Jahre 1802 meldete Pfarrer Purtscher an das Konsistorium in Wien: „Eine in Stein gehauene Bildnis der Schmerzhaften Muttergottes, welche vorher außer der Kirche an einer Ziegelmauer des alten Beinhauses am Friedhof stand, nach der Abtragung des Beinhauses neben der Kirchenmauer geblieben war, wurde von Ortsbewohnern vor das Dorf hinausgetragen und in der auf einer Anhöhe an der Straße nach Lundenburg stehenden Säule aufgestellt; zu dieser Bildnis, bei welcher ein durch neun Jahre am Star ganz blinder Mann das Glück gehabt hat, das Tageslicht wieder zu erhalten, besteht seit zwei Monaten ein beträchtlicher Zulauf des Volkes von der umliegenden Gegend.” - Der Bezirksdechant von der Hochleithen und Propst von Staatz, Johann Nep. Liesneck, erhielt nun vom Konsistoriurn den Auftrag, die Sache zu untersuchen und darüber zu berichten. Sein Bericht war nicht gerade freundlich. Das Bild sei schlecht und „ganz unregelmäßig gestaltet”; der Pfarrer habe es eigenmächtig einem alten Weibe geschenkt und dieses habe auf Grund eines Traumes die Statue in „die Marter” (Marterl) hinausgebracht, und zwar mit Wissen des Pfarrers, habe sie mit einem zierlichen eisernen Gitter versehen, welches nachts geschlossen, bei Tag aber „zum Hineinlegen der Opfergaben” offen sei. Zu der kleinen Kapelle sei das Bild unter großem Zulauf des Volkes, jedoch ohne Beteiligung des Pfarrers feierlich übertragen worden. Bei der Kapelle sitze den ganzen Tag ein altes Weib, vom Pfarrer aufgestellt, das für Geld Wachsopfer verkaufe, von geschehenen Mirakeln erzähle und sie durch eine alte Gehilfin weiterverbreite. Der angeblich geheilte Blinde sei nach dem Zeugnis des Ortschirurgen Josef Thaa gar nicht geheilt, sondern habe sich durch einen umherziehenden „Marktschreyer” operieren lassen und so viel Licht erhalten, daß er im Dorfe zur Not herumgehen könne. Auch andere Blinde sollen geheilt worden sein; aber die Pfarrer der Umgebung sagen, daß sie daheim so blind seien wie früher. - Der Dechant fand in all dem gar nicht eine wahre Verehrung der Muttergottes, sondern „weibischen Aberglauben und üble Geldschneiderei”, nicht ohne Begünstigung und Teilnahme des Pfarrers. Darum der energische Vorschlag des Dechants: „Die Bildnis, die eher einem umgeformten Klotz als einer Statue gleicht und schwangeren Weibern gefährlich werden könnte, soll in der Stille weggeschafft, die Kapelle auf Kosten des Pfarrers zusammengerissen und der Pfarrer von Reinthal Peter Anton Wallon und die weltliche Obrigkeit von Rabensburg sollen dazu verwendet werden; schließlich solle das gesammelte Geld im Betrage von mehr als 200 Gulden dem Armeninstitute von Bernhardsthal gegeben werden.” Das Konsistorium verständigte die niederösterreichische Landesregierung und wies darauf hin, daß schon mehrere Menschen für „diese falsch ausgegebene mirakulose Bildnis” eingenommen sein dürften und daß darum eine Unruhe und Zusammenrottung eintreten könnte. Es möge also das Kreisamt für das Viertel unter dem Manhartsberg beauftragt werden, „dem Pfarrer Wallon von Reinthal die Hand zu bieten”; gegen den Pfarrer von Bernhardsthal werde man amtshandeln und ihn zur Verantwortung ziehen. Tatsächlich trug die Landesregierung dem Kreisamt auf, die Statue „in der Stille” zu entfernen und die Nische, in der das Bild sich befinde, zu sperren, bis der Zulauf aufhöre. Die Abtragung der Kapelle halte sie nicht für notwendig; und der Pfarrer von Bernhardsthal solle auch nur in aller Stille verhört werden, und zwar vom zuständigen Dechant. Das war viel klüger und vorsichtiger als der Vorschlag des Dechants. Am Spätabend des 16. September 1802 sitzen nun im fürstlichen Justizamt zu Rabensburg der Kreiskommissär von Hainbucher, der gestrenge und etwas widerhaarig eingestellte Pfarrer von Reinthal und der Amtmann von Rabensburg beisammen und zitieren den schuldigen Pfarrer von Bernhardsthal. Alle vier Herren fahren um zehn Uhr nachts nach Bernhardsthal, um das schlimme Ärgernis dort aus der Welt zu schaffen. Aber bei „der Marter”, welche oben in der Nische das Bild trägt, liegen etwa zehn Bauern still am Boden. Einer sitzt und hält Ausschau. Die gestrengen Amtspersonen merken, daß die Bernhardsthaler Wind bekommen haben, ärgern sich über den Pfarrer, der offenbar indiskret gewesen ist, und gehen tapfer an dem Bildstock vorbei, als wollten sie weitergehen. Aber schließlich besinnt man sich, kehrt um und beginnt zu verhandeln. Man fragt Pfarrer Purtscher, wer die Leute seien; der will sie nicht kennen. Man fragt die Leute selbst, was sie hier wollten; sie erklären, sie seien gekommen, um hier zu schlafen. Beides war eine leise Frotzelei. Aber man merkt, daß die Leute die Statue nicht hergeben werden. Nun erhält der Pfarrer den Auftrag, sie selbst herunterzunehmen. Ihm machen die Leute tatsächlich keine Schwierigkeiten, es sind ja seine Pfarrkinder aber helfen will auch keiner. Allein aber kann der Pfarrer das Ding nicht, heben und schieben, weil es so ungeheuer schwer ist. Nun finden die Amtsherren, sie müßten die Klügeren sein und nachgeben, gehen also unverrichteter Dinge heim, nehmen aber den Pfarrer von Bernhardsthal in Haft. Am nächsten Tag gibt es eine wahrhaftige gerichtliche Untersuchung, jedoch in Mistelbach; und der Dechant von Staatz muß auch kommen. Das Ergebnis der Einvernahme und aller Verhandlungen ist schließlich: Pfarrer Purtscher soll sofort die Betstühle, die brennende Lampe, die Opfer und die Blumen wegschaffen und das Gitter schließen; bezüglich der Statue habe er weitere Weisungen abzuwarten. Einige Tage später berichtet Pfarrer Wallon von Reinthal in sehr wenig freundlicher Weise über das Verhalten des Pfarrers von Bernhardsthal und macht ihm zum Vorwurf, daß er am Tage nach dem Verhör in Mistelbach daheim die Statue ganz allein herabgenommen und in der alten Sakristei der Pfarrkirche verborgen habe.- Daß die Leute ihrem Pfarrer willig folgten, ihm auch halfen und nur der Kommission Widerstand leisteten, daß sie nie daran dachten, gewalttätig zu werden, sich aber ,weder von geistlichen, noch von weltlichen Fremdlingen ihre Marienstatue nehmen lassen wollten, daß die Kommission und die Behörden bei einem klügeren Vorgehen wahrscheinlich ganz leicht ihre Absicht erreicht hätten: das alles wollte er offenbar nicht glauben. Im Gegenteil, er fürchtete nun überflüssigerweise die Gereiztheit der Ortsbewohner und meinte sogar, er selbst sei in Lebensgefahr. Zum Glück nahm das Konsistorium diese Sorge nicht allzu ernst. In der Landesregierung aber wünschte man, mit der Angelegenheit Schluß zu machen. „Da das Bild nun wirklich entfernt sei, wolle man die Sache für geendigt ansehen und über das mehrfache Vergehen des Pfarrers zur Vermeidung mehreren Aufsehens einfach hinausgehen. Der Pfarrer möge ohne eine weitere Strafmaßnahme bloß belehrt werden. Und die Marter, in welcher die Bildnis aufgestellt war, hat in ihrem gegenwärtigen Zustand zu verbleiben.” Jahrzehntelang stand nun tatsächlich „das weiße Kreuz” - so hieß die Marter im Munde der Ortsbewohner - und verschiedene Heiligenbilder wurden von frommen Leuten noch hineingestellt, nur die Muttergottesstatue verblieb in der Kirche. - So weit der Bericht nach Franz Hlawati. Im Wiener Diözesanblatt 1897 S. 178 sind noch einige Einzelheiten angeführt, die hier wiedergegeben werden sollen. Vom nächtlichen Versuch am 16. September 1802, die Statue zu entfernen, heißt es hier: ... denn von den umstellenden Ortsbewohnern wollte niemand Hand anlegen; im Gegenteile kamen vom Orte Scharen von Leuten herbei, sogar mit Prügeln bewaffnet, die riefen: „Wir lassen uns unsere Muttergottes nicht nehmen, sie (die Kommissionsmitglieder) seien Hussiten...” . Obwohl der Dechant in seinem Eifer in einem Privatschreiben erwähnte, dass Pfarrer Purtscher übel wegkommen werde, ging die Sache doch ziemlich gut ab. Die Regierung beauftragte das Konsistorium, dem Pfarrer sein Missfallen bekannt zu geben, was das Konsistorium auch tat, indem selbes sein habgieriges Benehmen tadelte,... Der geistliche Kommissär, Pfarrer Wallon von Reinthal aber durfte längere Zeit in Bernhardsthal sich nicht sehen lassen, so groß war die Erbitterung gegen ihn. Fand er doch am Tore seines eigenen Hauses einen Zettel des Inhaltes: „Der Pfarrer ist ein Dieb, er lehrt uns das Stehlen.” ... Dass aber die Habsucht der letzte Fehler Purtschers war, bezeugt sein Testament. - So weit die Angaben im Wiener Diözesanblatt, in dem eine, ganze Reihe von Regesten zu der leidigen Angelegenheit zu finden sind. Wir entnehmen daraus auch, dass Pfarrer Wallon gegen Pfarrer Purtscher in der Sache eine Klage eingereicht hat. Im Pfarrgedenkbuch, das von ihm angelegt worden ist, klagt Pfarrer Purtscher, dass bei seinem Einzug in Bernhardsthal im Pfarrhof keine menschenwürdige Wohnung vorhanden war, dass sich der Patron weigerte, den Pfarrhof herstellen zu lassen, und ihm nur erlaubt wurde, auf eigene Kosten einen Keller zu bauen. Der Keller bekam seinen Eingang an der Nordseite des Kirchhofes beim Kotterberg und dehnte sich unter dem westlichen Kirchhof in Richtung Pfarrhof aus. Im Winter 1803/04 stürzte der Keller ein und dabei wurden mehr als hundert Eimer Wein begraben. Nun erhielt der Keller Grundmauern und ein Ziegelgewölbe, sodass er den Pfarrer 842 Gulden kostete. Bei der Kommissionierung des Kellers gab es auch Bedenken deshalb, weil der Keller zu nahe an den Turm heranreiche. Wahrscheinlich musste der Pfarrer auch den Pfarrhof selbst instand setzen. Vielleicht wurden wegen dieser notwendigen Auslagen im Jahre 1800 der Kirche gehörige Äcker im Ausmaß von 3 Quanten um 600 Gulden im Lizitationswege verkauft. Während Pfarrer Purtscher zu Beginn seiner Amtstätigkeit noch sein persönliches Siegel verwendet, finden wir auf der Fassion vom Jahre 1801 ein Pfarrsiegel von Bernhardsthal. Es ist einfach gehalten und zeigt in einem kreisrunden Feld einen springenden Hirsch und die Umschrift „Pfarr. Sigil. Bernhardsthal”. Der Hirsch dürfte an die Legende erinnern, nach welcher der hl. Ägid, dem die Kirche geweiht ist, als Einsiedler von einer Hirschkuh genährt worden ist. Kurz vor seinem Tode erlebte Pfarrer Purtscher noch im Jahre 1805 die Einquartierung der Franzosen. Er starb am 22. Juni 1806 und wurde auf dem hiesigen Friedhof begraben. In seinem Testament setzte er das Armeninstitut seiner Pfarre zum Universalerben seines Vermögens von 9630 Gulden in Obligation ein. Außerdem bestimmte er 900 Gulden aus seinem Nachlass zur Anschaffung einer neuen Orgel. <= Josef II. Franzosenkriege => |