Die ersten bekannten Pfarrer

Schon 1253 wird der erste Pfarrer von Bernhardsthal urkundlich genannt, und wir sehen mit Staunen, dass es sich um eine ganz einflußreiche Persönlichkeit gehandelt haben muss. Es war Leopold, der Kaplan der österreichischen Herzogin Theodora und der Königin Margareta, der 1. Gemahlin König Ottokars II. (Königin Margareta liegt in der Stiftskirche in Lilienfeld begraben) und Inhaber von zwei Pfarren, nämlich von Heiligenstadt (Wien 19) und von Bernhardsthal. Von der Pfarre Heiligenstadt sagt Hans Wolf, daß sie vom Passauer Bischof dem Stift Klosterneuburg entzogen worden sei und gerade um die Mitte des 13. Jahrhunderts, also in der Zeit, als jener Pfarrer von Heiligenstadt und Bernhardsthal wirkte, aus diesem Anlass ein Streit um den Besitz der Pfarre entbrannt wäre. Es wurden schließlich die Rechte des Stiftes auf die Pfarre Heiligenstadt anerkannt, doch scheint es sich nur um eine lose Abhängigkeit vom Stifte gehandelt zu haben. Es muss sich bei dem genannten Pfarrherrn wohl um einen Weltgeistlichen gehandelt haben. Er tritt 1253 in einer Tauschurkunde des Stiftes Klosterneuburg mit dem Deutschen Orden auf und nennt sich dabei „Leopold von Perenharsthal, Pfarrer von Heiligenstatt”, sodass man daraus vielleicht auch schließen könnte, er sei ein gebürtiger Bernhardsthaler gewesen. Sonst nennt er sich in Urkunden einfach „Leopold, Pfarrer von Heiligenstatt”. Im Jahre 1253 schreibt Papst Innocenz IV. dem Abte des Schottenklosters in Wien, dass er dem Pfarrer von Heiligenstadt und Bernhardsthal, „Liupoldo”, der auch „Kapellan” der Königin Margareta war, erlaubt habe, zu seinen beiden mit der Seelsorge verbundenen Pfarren noch eine Pfarre in der Salzburger Diözese zu erwerben. Mit dem Stifte Klosterneuburg geriet Pfarrer Leopold in einen heftigen Streit. Dabei appellierte er bis an den Papst, sodass es das Stift vorzog, sich mit ihm “zu vergleichen". Bischof Otto von Passau und Papst Alexander IV. bestätigten 1255 diesen Ausgleich. Es heißt von Pfarrer Leopold, dass er ein eifriger Pfarrherr war, von dem Propst Konrad Il. von Klosterneuburg schrieb: „...Daz er verdient manichvaltichleich den ebigen lon.” Man wird wohl nicht fehlgehen, wenn man annimmt, dass Pfarrer Leopold kaum je in Bernhardsthal selbst tätig war, sondern hier einen Vikar (Vertreter) eingesetzt hatte. Es ist aber auch der Schluss gerechtfertigt, dass Bernhardsthal eine einträgliche Pfarrpfründe gehabt haben muss, denn sonst hätte man sie nicht einem so einflussreichen und hochstehenden geistlichen Herrn übergeben. Wir haben schon an anderer Stelle die Vermutung ausgesprochen, dass jenes Gut, das 1171 an Klosterneuburg kam, später dem Stift entfremdet worden sei und das Ausstattungsgut (die Pfründe) für die Gründung der Pfarre Bernhardsthal gebildet habe. In Klosterneuburg selbst ist nämlich von einem Besitz in Bernhardsthal nichts bekannt. Wer sonst als der mächtige und einflussreiche Pfarrer Leopold wird das Bernhardsthaler Gut im Einvernehmen mit Passau dem Stift Klosterneuburg entfremdet haben?

Der zweite Pfarrer wird im Urkundenbuch des aufgehobenen Chorherrnstiftes St. Pölten genannt. Am 22. Februar 1345 verkaufen die drei Brüder Stuchs von Wienerberg eine Gülte (Abgabe) an Gundakar von Werd. Der eine der drei Brüder nennt sich: „. . ich Hadmar der Stuchse zu den Zeiten pharrer ze Pernhardstal.” Außerdem beauftragt Papst Clemens Vl. am 11. Oktober 1345 den Abt Wolfgang I. und den Konvent von Göttweig, dem Subdiakon Hadmar Stuchs die Kirche in „Perhartsztall” zu übertragen, sobald sie „vacant” wird. Es sieht so aus, als ob Hadmar der Stuchs die Pfarre bereits vor dem Eintreffen des päpstlichen Schreibens erhalten habe. Auch hier zeigt sich wieder, dass die Pfarre Bernhardsthal wegen ihrer reichen Pfründe sehr begehrt war und nur an angesehene Geistliche vergeben wurde. Das Geschlecht der Stuchse hatte immerhin eine gewisse Bedeutung, was ja auch daraus hervorgeht, dass sich sogar der Papst für Hadmar verwendete.

Im Pfarrverzeichnis aus dem 14. Jahrhundert erscheint die Pfarre bereits verzeichnet, und zwar als Lehenspfarre der Wehinger. Aus dem an kriegerischen Ereignissen so reichen 15. Jahrhundert sind uns keinerlei Nachrichten, die das religiöse Leben betreffen, erhalten. Auch von einem Seelsorger dieser Zeit ist uns nichts bekannt. Vielleicht gab es Jahre hindurch überhaupt keinen. Nach den Wehingern haben die Hering als Besitzer von Bernhardsthal auch das Kirchlehen inne, das dann an die Roggendorfer kommt. Franz Hlawati teilt mit: „Die amtlichen Verzeichnisse des Bistums Passau in der ersten Hälfte des 15. Jh. vermerken bei der Pfarre Bernhardsthal, damals Dekanat Korneuburg, daß sie von den Ruckendorffern (Roggendorfern) vergeben wird, und nennen einmal als Taxe, welcher der Pfarrer zu zahlen hatte, 28 Pfund.” (Hlawati, S. 38. - Pius Schmieder, Matricula Episcopatus Passaviensis (Wels 1885), XV, S. 35. - Mit der Taxe ist die Verleihungsgebühr gemeint, die sich nach der Bestiftung der Pfarre richtete.)

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