Anschluss

Mit Ende April 1939 schied der bisherige Provisor Hermann Schneider aus der Pfarre und am 1. Mai 1939 trat der neu ernannte Pfarrer Bernhard Kisling (1939-1950) seinen Dienst an. Dieser stammte aus Groß-Tajax in Südmähren, war 5 Jahre Kaplan in Feldsberg und 11 Jahre Pfarrer in Katzelsdorf.

  

Der Anschluss an Deutschland war zwar bereits unter Provisor Schneider erfolgt, doch wirkten sich die Änderungen, die der Nationalsozialismus in kirchlichen Belangen brachte, erst nach und nach aus. Sie wurden von Pfarrer Kisling im Pfarrgedenkbuch ausführlich geschildert. Er berichtet über die Einführung des Hitlergrußes in der Schule, über die Beschlagnahme des Pfarrheims für die Hitlerjugend und über die Auflösung des Katholischen Burschenvereines und Mädchenbundes. Die Zivilehe wurde obligatorisch und in Bernhardsthal ein Standesamt geschaffen, zu dem auch Reinthal und Katzelsdorf gehörten. Für alle, welche die Kirche ablehnten oder aus ihr austraten, wurde die Gottgläubigkeit als Religionsbezeichnung eingeführt. In den gewerblichen Fortbildungsschulen wurde der Religionsunterricht aufgelassen. Für religiöse Übungen (Beichte, Kommunion) der Volksschüler wurden keine Unterrichtsstunden freigegeben. Verboten wurde die Verteilung des Kirchenblattes an Schüler bzw. durch sie. Behörden wurde untersagt, an kirchlichen Veranstaltungen teilzunehmen. Die Auszahlung der Schulremuneration für Religionslehrer wurde eingestellt. Der Religionsunterricht erhielt die Bezeichnung „Konfessioneller Unterricht” und musste in die letzte Unterrichtsstunde verlegt werden. Die Religionsnote durfte bei der Beurteilung eines Schülers nicht in Betracht gezogen werden. Den Schwestern im Kloster St. Martha wurde die Berechtigung zur Führung des Kindergartens entzogen und ein nationalsozialistischer Kindergarten eröffnet, für den die Räume im Kloster gemietet wurden; die Haushaltsschule St. Martha wurde geschlossen. Mit dem Schuljahr 1939/40 wurde der Konfessionsunterricht ein unverbindlicher Lehrgegenstand, für den die Eltern, welche die Kinder in diesen Unterricht schicken wollten, die Kinder unter 14 Jahren selbst anzumelden hatten, während Kinder über 14 Jahren ihre Anmeldung selbst machen mussten. In beiden Fällen war eine schriftliche Anmeldung erforderlich. Zu den Lehrerkonferenzen wurden die Religionslehrer nicht beigezogen. Außerhalb des lehrplanmäßigen Unterrichtes durfte kein religiöser Vorbereitungsunterricht (z. B. für Erstkommunion oder Firmung) gehalten werden. Die Beurteilung der Schüler im Konfessionsunterricht in Schulzeugnissen wurde untersagt. Zur Unterbindung jedweder Beeinflussung durften die Kinder weder in der Kirche noch in der Schule zur Teilnahme an religiösen Übungen aufgefordert werden. Die Religionsprüfungen wurden abgeschafft und die Aufsicht über den Konfessionsunterricht dem Staate übertragen. Der 29. Juni, 15. August und 8. Dezember wurden zu Schul- bzw. Arbeitstagen erklärt. Der Vertrieb kirchlicher Zeitschriften durch kirchliche Amtspersonen wurde untersagt. Bezüglich der Abhaltung des Fronleichnamstages wurden besondere Vorschriften erlassen und die Verlegung auf Sonntag befohlen, da der Fronleichnamstag als Werktag begangen wurde. Wegen dieser Vorschriften wurde 1942 keine Prozession abgehalten, sondern ein Anbetungstag. Im Gedenkbuch hat Pfarrer Kisling einen Hirtenbrief der deutschen Bischöfe vom 24. August 1938 und eine Schilderung des Überfalls auf das Bischofspalais in Wien am 7. Oktober 1938 eingeheftet, worin die Verhältnisse und das Geschehen in dieser Zeit dargestellt sind.

Pfarrer Kisling verkaufte 1939 den Gartenacker (Parzelle Nr. 387) und einen unbenützten Keller an sechs anrainende Bauern. Die vorgesetzten Behörden gaben dazu ihr Einverständnis. Die Käufer des Ackers, für den ein Kaufpreis von 3.500 RM festgesetzt war, waren: Rudolf Bohrn Nr. 2, Johann Birsack Nr. 3, Leopoldine Lutzky Nr. 4, Jakob Schultes Nr. 5 und Karl Weinberger Nr. 6. Den Keller erwarb im Lizitationsweg Rudolf Schultes Nr. 58 um den Betrag von 1.100 RM. Mit diesen Geldbeträgen wurden die Kosten für die Adaptierungsarbeiten im Pfarrhof gedeckt.

Leopoldine Kellner (Nr. 21) spendete einen Geldbetrag für eine neue Krippe, welche die Firma Bortolotti um 350 RM herstellte. Der unschöne Bretterbelag für den Winter wurde durch einen Kokosteppich ersetzt, für den die Pfarrgemeinde den Betrag von 423,50 RM aufbrachte. Das hl. Grab war bisher immer in der nördlich an den Altarraum anschließenden Kammer, heute Kreuzkapelle, untergebracht; nun wurde ein neues angeschafft, das auf dem Marienaltar aufgestellt werden konnte. Den Betrag von 465 RM dafür brachte wieder die Pfarrgemeinde auf. Um 354,88 RM wurde ein neuer Luster mit vergoldetem Metallgestell und Glasbehang angekauft und an der Stelle angebracht, wo bisher das ewige Licht war. Für das ewige Licht wurden an den Säulen im Presbyterium 2 Wandarme aus vergoldetem Gusseisen befestigt. Der frühere Johannes-Altar wurde zu einem Herz-Jesu-Altar umgestaltet und dazu die bisher im Presbyterium auf einer Konsole gestandene Herz-Jesu-Statue verwendet. Sie wurde auf einen Untersatz gestellt, der in der Karwoche als Tabernakel Verwendung fand, und mit einem Strahlenkranz versehen. Die Kosten beliefen sich auf 178,20 RM. Für Trauerfeierlichkeiten wurden schwarze Draperien und ein schwarzes Tuch mit weißem Kreuz um 190,60 RM angekauft, für festliche Anlässe Draperien aus rotem Samt mit Goldfransen (Preis 220 RM) und für die Fastenzeit eine Ergänzung zu dem bereits ausgebleichten Tuch (40 RM). Auch vier Antependien (reich verzierter und bestickter Vorhang aus Stoff vor dem Altarunterbau) wurden angeschafft, und zwar ein weißes aus Goldbrokat, ein schwarzes, ein rotes und ein violettes; sie kosteten zusammen 362 RM.

Das Grundstück Parzelle Nr. 411 wurde in die Parzellen Nr. 411/1 und 411/2 untergeteilt. Die Parzelle Nr. 411/2 kaufte die Reichsfinanzverwaltung zum Bau von Beamtenwohnungen an. Um die Kirche standen in einem ungepflegten Durcheinander sehr hohe Bäume - im Volksmund „Rosshaxenbäume” genannt -, die das Kirchendach beschädigten. Sie wurden als Brennholz verkauft und dafür Lindenbäume gepflanzt.

In der Kirche wurde der Steinbodenbelag ausgebessert, die Sandsteindecke über dem Pfarrergrab durch einen Kunststein mit schwarzem Kreuz überdeckt, die Holzstufen durch Kunststein ersetzt, die Wände ausgebessert, die Türen gestrichen und die Lourdesgrotte entfernt. Die Muttergottes-Statue erhielt später das Kloster St. Martha. Ferner wurde ein Beichtzimmer eingerichtet, Altarteppiche für die beiden Seitenaltäre und ein neuer Paramenten-Ankleidekasten für die Sakristei angeschafft. Die dafür aufgewendeten Kosten von 801,16 RM wurden durch Spenden der Pfarrgemeinde aufgebracht.

Im Jahre 1940 erfolgte eine Neu-Installation des elektrischen Lichtes in der Kirche, verbunden mit der Anbringung neuer Beleuchtungskörper sowie von vier Scheinwerfern beim Hochaltar. Die Firma Fritz Fragner, Wien 15, erhielt für alles 1.742,40 RM. Das alte Kommuniongitter samt Holzstufe wurde durch ein Steingitter auf einer Steinstufe ersetzt. Die Steinarbeiten besorgte die Marmorindustrie Kiefer AG. aus Oberalm bei Salzburg, die schmiedeeisernen Türchen Schlossermeister Anton Schwarz, Wien 6. Da die Fensterrahmen schon morsch waren und keine Lüftungsmöglichkeit bestand, wurden eiserne Fensterrahmen mit Lüftungseinrichtung und Glasmalereifenstern, auf denen christliche Symbole der hl. Sakramente dargestellt sind, angeschafft. Die Entwürfe für alle Arbeiten stammten von Architekt A. Kamreiter, Wien 19; die Eisenteile stellte Schlossermeister Hofmann, Wien 19, bei, die Glasfenster besorgte die Glasmalerei- und Mosaik-Anstalt Neuhauser aus Innsbruck. Die Kosten betrugen 2592 RM.

Im Jahre 1942 erfolgte die Umgestaltung des Kirchhofes zu einer Parkanlage, damit hier auch kirchliche Prozessionen abgehalten werden konnten. Um diese Zeit mussten die zwei alten Glocken abgeliefert werden. Die Firma Josef Ketschek, Wien 4, führte in der Kirche eine Generalrenovierung durch, bei der alle Vergoldungen teils erneuert, teils aufgefrischt wurden. Die Kosten dafür betrugen 8800 RM. Die bereits sehr schadhafte Orgel wurde abgetragen und bei der Firma Kauffmann, Wien 15, eine neue bestellt. Bei dieser Gelegenheit wurde auch das Chor, das schon baufällig war, abgebrochen und von der Firma Prutscher, Wien 15, ein neues erbaut, und zwar eine Holzkonstruktion. Die Kosten beliefen sich auf 2.300 RM.

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