Das Wildschwein

Das Wildschwein unserer Wälder stellt das unverfälschte Urbild des eurasischen Wildschweines dar, das in 21 Unterarten über das ganze kontinentale Europa, das mittlere Asien und das nördliche Afrika verbreitet ist. Es kommt auf Korsika und Sardinien wie auf Formosa, Sumatra, Java, Flores und Ceylon vor, belebt als verwildertes Hausschwein große Teile Australiens und Neuseelands und als eingeführtes Jagdwild Nord- und Südamerika.

Mitteleuropäisches Wildschwein     Sus scrofa scrofa

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Bewohnte ursprünglich alle Landschaften Mitteleuropas, ist durch die heftigen Verfolgungen zu einem sehr scheuen und nächtlichen Waldtier geworden; Länge 150-170 cm, Schwanz 25 cm, Schulterhöhe 70-90 cm; Maße gelten für den starken Keiler, die Bache ist immer kleiner;

Fell in der Grundfarbe im Sommer vorwiegend grau, im Winter schwärzlich, besteht aus langen steifen Borsten und kurzem feinem Wollhaar, bildet auf dem Rücken eine stehende Kammmähne, ist bei den Frischlingen auf graurötlichem Grund gelblich gestreift; die oberen Eckzähne des Keilers krümmen sich zu stattlichen Hauern aufwärts, wetzen sich an den verlängerten unteren Eckzähnen.

Der starke Keiler, den der Waidmann hauendes oder grobes Schwein oder Hauptschwein nennt, traut gleichsam seiner eigenen Fährte nicht. Unstet und heimlich, scheu und vorsichtig durchstreift er weite Gebiete, wechselt von einem Waldrevier ins andere, durchschwimmt Flüsse u. Ströme, ruht heute im Schilfgürtel der stehenden Gewässer, morgen im dichtesten Unterholz des Auwaldes, übermorgen inmitten der Getreidefelder. Seinen Erbfeind, den Menschen, wittert er auf mindestens 500 m. Seine Schwarte wird im Laufe der Jahre so hart und ist derartig vom Saft und Harz der Malbäume verpicht, dass ihm auch grober Schrot kaum noch die Schulterschilde durchschlägt. Ende Oktober aber gibt er das Einzelgängertum auf und erscheint plötzlich bei den Rotten der Bachen und Jungtiere. Mit groben Rüffeln und Püffen wird den zwei- und dreijährigen Keilern beigebracht, dass sie jetzt das Feld zu räumen haben. Auf eine ernstliche Kraftprobe lassen sie es dem alten Hauptschwein gegenüber nur selten ankommen. Untereinander aber fechten die hauenden und groben Schweine bis in den Dezember hinein nun viele harte Sträuße aus, stürmen wutschnaubend und zähnefletschend aufeinander los und versuchen sich ernstlich zu verwunden, Meist jedoch werden die blitzschnell von unten nach oben geführten Schläge der scharfen Gewehre vom Gewaff selbst aufgefangen oder treffen die so gut wie unverwundbaren Schilde. Kämpfe mit tödlichem Ausgang gibt es wohl nur in den phantasievollen Jagdbüchern. Den Bachen gegenüber lässt es der siegreiche Keiler nicht an ermunternden Rippenstößen und vertraulichen Püffen mangeln, liebkost sie auf diese seine derbe Weise und erleidet nur selten eine Abfuhr. Bereitwillig stellen sie sich dem ungelenken Freier zum Beschlag, wobei kräftige Bisse in den Nacken als Kennzeichen seiner Huld gelten.

Nach einer Tragzeit von genau 3 Monaten, 3 Wochen und 3 Tagen wirft die Bache, die sich kurz vorher von der Rotte absondert, ihre 4-12 Frischlinge in einem besonders sorgsam ausgesuchten und reichlich mit Moos, Laub und Nadeln gepolsterten Lager oder Kessel. Die jungen Bachen bekommen zuerst meist nur 4-6 Junge. Alle aber geben sich in dieser Zeit ungewöhnlich heimlich. Die ersten vierzehn Tage dürfen die gestreiften Jungen den Kessel überhaupt nicht verlassen und werden sorgsam zugedeckt, wenn sich die Mutter zu einem kurzen Wurzelgang entfernt. Später führt die Alte die Frischlinge mit sich und sieht jetzt in jedem Lebewesen einen erklärten Feind ihrer Kinder. Ob Marder oder Iltis, Dachs oder Fuchs, Wildkatze oder Mensch - sie greift sofort an und kann sich bei tatsächlichen Übergriffen nur sehr schwer beruhigen. Wildernde Hunde bringen das Muttertier vollends aus dem Häuschen und müssen ihre Attacken auf die Frischlinge oft mit dem Leben büßen. Wo der Wald noch halbwegs urtümlich ist oder wenigstens in einem natürlichen Mischzustand gehalten wird, wo er also noch reich an Zwergbüschen, Unterholz und Laubbäumen ist, findet das Schwarzwild genügend Nahrung in ihm und richtet nur wenig Schaden auf den angrenzenden Feldern an. In einem solchen Wald pflügt und lockert es den Waldgrund, bereitet ihn für die Baumsamen vor und befreit ihn weitgehend von den gefährlichsten Forstschädlingen, deren Larvenbrut vorwiegend im Waldboden ruht.