Unter den Stirnwaffenträgern unter den Paarzehern gibt es die Horntiere, also die
Rinder, Antilopen und Gazellen sowie die Böcke. Ihre Hörner, die fast durchweg von den
männlichen wie von den weiblichen Tieren getragen werden, bauen sich in der Gestalt einer
Hornscheide auf, wachsen beständig nach, sind also Dauerhörner. Bei den Hirschen aber
sind die Stirnwaffen knöcherne, sich gabelnde, im Ansatz wulstig verdickte und in den
Stangen rau gekörnte Stirnbeinauswüchse, die alljährlich einmal abgeworfen und wieder
neu aufgebaut werden. Der Abwurf hinterlässt am verbleibenden Knochenstumpf eine leicht
blutende Wunde, die schnell verharscht und sich bald darauf mit einer samtigen und sehr
gefäßreichen Haut überzieht. Unter dieser haarigen Nährhaut, in deren Adern nunmehr
die zum Aufbau des neuen Geweihs erforderlichen knochenbildenden Gewebe und Kalkstoffe
herangeschwemmt werden, wächst dieses in wenigen Wochen heran. Ist der Aufbau vollzogen,
so verknöchert das zuerst noch weichknorpelige und empfindliche Gewebe schnell von unten
nach oben. Zugleich vertrocknet die Nährhaut und übt einen starken Juckreiz aus. Der
Hirsch bemüht sich alsbald, sich von dieser juckenden Haut zu befreien, er fegt das noch
vom Bast überzogene Geweih an Büschen und Stämmen, bis es hell und blank ist. Die an
und für sich weißen Geweihstangen färben sich während des Fegens durch die Gerbsäuren
der Baumrinden und die Blutreste der Nährhaut dunkel is auf die hell schimmernden Enden.
Kurz vor der Brunft prangt der Hirsch dann in seiner neuen Kopfzier. Das Geweih trägt bei
allen Hirschen - mit Ausnahme des Rens - nur das männliche Tier. Es dient ihm als Waffe
bei den Kämpfen während der Brunft. Geschlechtshormone steuern den jährlichen
Bildungswechsel, Schilddrüsenhormone den Aufbau. Der unmittelbar nach der Geburt
kastrierte Hirsch entwickelt kein Geweih. Werden die Hoden während des Schiebens des
neuen Geweihs verletzt, so wuchert dieses ständig weiter, bleibt schwammig-weich und wird
zu einem unförmigen Perückengebilde. Verletzungen der rechten Brunftkugel lassen die
linke Stange verkümmern, und umgekehrt. Erfolgt die Kastration, wenn der Hirsch noch im
Bast geht, so werden die Stangen sofort abgeworfen und durch ein kümmerliches Dauergeweih
ersetzt, das immer von der Basthaut bedeckt bleibt. Beim Ren dagegen gibt es keine
Beziehungen zwischen den Geschlechtsorganen und dem Geweih. Von großem Einfluss auf die
Form und Größe des Geweihs ist der Kalkreichtum der Landschaft, in der die Hirsche
leben. So haben sie im kalkarmen Gebieten nur eine leichte und geringe Kopfzier, in den
Basalt-, Granit- und Quarzgebirgen aber wuchtige und gewaltige Stangen. Im allgemeinen
schiebt der Hirsch in seiner Blütezeit von Jahr zu Jahr ein immer größeres, stärkeres
und reicher verästeltes Geweih. Im gleichen Maße verbreitert sich die perlenförmig
verdickte Rosenstockfläche auf der Stirn. Die schönste und mächtigste Krone trägt er
durchschnittlich zwischen dem 10.-15, Lebensjahr, Später, vor allem wenn der Hirsch
altert und mählich vergreist, wird das Geweih von Jahr zu Jahr wieder geringer und
poröser. Es weist dann weniger Enden und Gabeln auf und besteht zuletzt nur noch aus zwei
langen Stangen. Der Jäger sagt: der Hirsch "setzt zurück" und ist
abschussreif.
„Waffen” = Geweihe, bei der Jagdausstellung
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Rot- oder Edelhirsch Cervus elaphusDas Idealbild des - rein äußerlich gesehen - edlen, starken und wohlgebauten Hirsches mit dem zu einer breit ausladenden und vielendigen Krone entwickelten Geweih ist zweifellos der Rothirsch. In nicht weniger als 26 Unterarten bewohnt er ganz Europa von Frankreich über Holland bis Polen, von Spanien über Korsika und Sardinien bis Griechenland, von Irland und Schottland bis Estland, von Dänemark bis zum Balkan, verbreitet sich vom Kaukasus bis nach Nordwestafrika, von Nordpersien bis nach Tibet, von Ostsibirien bis nach Nordamerika und bis zur Nordgrenze Mexikos. Der Europäische
Rot- oder Edelhirsch wird in ganz
Europa gehegt, erreicht eine Länge von 200-220 cm, eine Schulterhöhe von 150 cm, sein
Geweih misst bis zu 120 cm und ladet bis zu 110 cm aus. |