Die Erstnennung Bernhardsthals

Auszug aus dem Heimatbuch von Franz Zelesnik

Der Klosterneuburger Traditionskodex berichtet zum Jahre 1171 folgendes: „...dominus Ortolfus de Waidehouen fundum Pernhardestal habuit in beneficio a domino Ekkeberto de Pernekke...”.

deutsch: Herr Ortolf von Waidhofen (a. d. Thaya) hat in Bernhardsthal einen Besitz gehabt, welcher ein Lehen des Herrn Eckbert von Pernegg war.

Weiter heißt es dann, dass Ortolf diesen Besitz für treue Dienste als Geschenk erhalten hat. Als er den Besitz, offenbar wegen der großen Entfernung von Waidhofen, veräußern wollte, gab er ihn über Bitten des Herrn Eckbert von Pernegg an Klosterneuburg im Tauschwege für einen Besitz in Emmersdorf und andere bewegliche Güter, die mehr als 90 Mark wert
waren („pro fundo Emarsdorf sito er pro aliis rebus mobilibus plus quam nonaginta marcas valentibus”). Dagegen erhob Ortolfs Stiefsohn Manegold bei Herzog Heinrich II. Jasomirgott Klage und behauptete, der Bernhardsthaler Besitz sei sein Eigentum. Eckbert von Pernegg erklärte vor dem herzoglichen Gericht, es handle sich um ererbtes Gut, das sein rechter Besitz war, bis er es Ortolf geschenkt habe. Der Aufforderung, seine Behauptung durch Zeugen zu beweisen, kam Eckbert von Pernegg unverzüglich nach, worauf das Gericht den Streit zugunsten Ortolfs von Waidhofen entschied. In einer Schlussverhandlung am 31. März 1171 übergab der Herzog den Bernhardsthaler Besitz an das Stift Klosterneuburg.

Während diese Schlussverhandlung nur 19 Zeugen aufweist, sind es bei der vorangegangenen Gerichtsverhandlung deren über vierzig. Wir führen von letzteren die ersten und wichtigsten an: Konrad Graf von Peilstein und sein Bruder Siegfried, die Grafen von Schala, Heinrich und sein Bruder Sighard, Eckbert von Pernegg, Konrad von Anzbach, Kadold von Stronsdorf, Gebhard von Chalochesperge (Kollersberg bei Böheimkirchen), Albero von Kuenring usw.

Die ersten vier Zeugen, die Brüder von Peilstein und die Brüder von Schala, liefern uns mit ihrer Zeugenschaft nach Herbert Mitscha-Märheim den Beweis, dass dieser Bernhardsthaler Besitz von ihrem gemeinsamen Ahnherrn, dem Grafen Friedrich I. von Tengling (†1071) herstammte. Der Sohn Friedrichs I. von Tengling Sigehard X. war der Stammvater der Burghausen-Schala; der Bruder Sigehards X., namens Friedrich II. von Tengling, war der Vater Konrads I., des Stammvaters der Peilsteiner. Friedrich I. von Tengling selbst ist also der Stammvater beider Linien, und sein Vater war jener Sigehard VI., der 1044 auf dem Ungarnfeldzug bei Memfö gefallen ist. Die Mutter Friedrichs I. von Tengling aber war jene Pilihilt, deren Name im Ortsnamen Pillichsdorf weiterlebt. Der Übergang Bernhardsthals und Reinthals an die Pernegger wird mit einer Heirat der Tochter Konrads I. von Peilstein, Eufemia, mit Ulrich Il. von Pernegg erklärt. Von Ebenfeld nimmt man an, dass es durch die Heirat der Schwester der zwei genannten Schalagrafen, Helmburg, an die Burggrafen von Nürnberg gelangt ist.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass vor 1171 die Grafen von Pernegg die Feste und den Ort Bernhardsthal besessen haben und Klosterneuburg dort 1171 Grundbesitz erhalten hat. Was mit diesem Besitz Klosterneuburgs in der Folge geschehen ist, und wie lange ihn das Stift besessen hat, darüber gibt es keinerlei Nachrichten. Im ältesten Urbar Klosterneuburgs aus dem Jahre 1258 scheint der Besitz nicht mehr auf, und es ist auch sonst nichts darüber bekannt. Es kann nur vermutet werden, dass dieser Besitz das Ausstattungsgut (Pfründe) für die Gründung der Pfarre Bernhardsthal gebildet haben könnte. Klosterneuburg hatte übrigens im 12. Jh. auch in Hausbrunn, Hauskirchen, Herrnbaumgarten, Poysdorf und Falkenstein, also in der näheren Umgebung, Besitz.

Aus Dopsch -Österreichische Geschichte 1122-1278, 37, 239:

1171 - Hoftaiding zu Klosterneuburg unter Vorsitz des Herzogs Heinrich II.

Prozess um den fundus Bernhardsthal, den Klosterneuburg für sich entscheiden konnte.

1171 fand in Klosterneuburg ein Verfahren statt, das recht genau protokolliert wurde. Es ging um ein Tauschgeschäft zwischen Ortolf von Waidhofen und Klosterneuburg. Ortolf hatte ein Grundstück in Bernhardsthal im Weinviertel von Ekbert von Pernegg zu Lehen. Dieses erhielt er von Ekbert zu Eigen, damit es durch die Hand eines Dritten, Konrad von Aschach, über Herzog Heinrich II. an Klosterneuburg gegeben werden konnte. Tauschgut waren ein Gut in Emmersdorf in der Wachau und Sachen (res mobiles) von nicht geringem Wert. Das Geschäft wurde aber von Ekberts Stiefsohn beeinsprucht.

Der Herzog rief nun Ekbert und Ortolf vor Gericht. Dort hörte man die Klage, dann bat Ortolf seinen Herrn Ekbert, die ordnungsgemäße Übergabe gütigst zu bestätigen. Dieser ließ, accepto protocutore, nach Annahme eines Fürsprechers, aussagen, das Gut habe er zu erblichem Eigen besessen, was er - nach Aufforderung durch den Herzog und den „Umstand” (circumstantes) - durch geeignete Zeugen bekräftigen konnte. Daraufhin fragte der Herzog nach dem Urteil: Die Rechtmäßigkeit der Übertragung wurde ex sententia publice, aufgrund eines Rechtsspruches öffentlich erklärt. Der Herzog ersuchte nun um ein weiteres Urteil: Ob darüber hinaus jemand vor einem weltlichen oder geistlichen Richter beklagt werden könne. Das sei nicht der Fall, wurde gerichtlich festgestellt. Emmersdorf und die anderen Tauschgüter gingen nun in die Hand Ekberts über. Eine zu vermutende Weitergabe an Ortolf war nicht Gegenstand der Verhandlung bzw. der Notiz darüber.

Die maiores Austrie, wie es in einer anderen Tradition heißt, in diesem Fall 42 Adelige, darunter die bedeutendsten Grafen und Ministerialen des Landes, bezeugten diesen Rechtsfall. Danach erfolgte die Übergabe des Bernhardsthaler Besitzes an Klosterneuburg durch den Herzog, und bei dieser Zeremonie waren die Söhne des Herzogs, Leopold (V.) und Heinrich, sowie Markgraf Otakar IV. von Steyr - damals erst acht Jahre alt und daher zusätzlich als Sohn seines gleichnamigen verstorbenen Vaters legitimiert - die Spitzenzeugen.

Verweise auf: BUB (Urkundenbuch zur Geschichte der Babenberger in Österreich) IV n. 840, Tr. Klosterneuburg n 249; 544. Dazu Frank, Studien zum strafgerichtlichen Verfassungsrecht im hohen Mittelalter in NÖ, (Diss. Wien 1992) 98 f.